Cookie-Einstellungen

Dieses Tool hilft Ihnen bei der Auswahl und Deaktivierung verschiedener Tags / Tracker / Analysetools, die auf dieser Website verwendet werden.

Essentiell

Funktional

Marketing

Statistik
© Bayerische Staatsbibliothek München / Bildarchiv
Die Villa in Garmisch-Partenkirchen, die Strauss sich dank der Salome-Einnahmen leisten konnte

Zur Premiere von »SALOME«

Weitere Informationen & Karten »Salome«

 

Wie Richard Strauss zu seiner Villa kam

Fangen wir mit dem größten Musikkritiker des 19. Jahrhunderts an, mit Eduard Hanslick. Als 1882 ein erst 18jähriger Komponist sein Wiener Debüt im alten Bösendorfersaal gab, schrieb der Rezensent tags darauf prophetisch: »So dürfte dieser Name bald in weiteren Kreisen bekannt und beliebt sein.« Beim Komponisten handelte es sich, wie kann es in diesem Zusammenhang anders sein, um den noch blutjungen Richard Strauss. Jahre später übte sich Hanslick noch einmal in der Kunst der Prophetie, als er anlässlich einer Aufführung von Strauss’ Symponischer Dichtung Tod und Verklärung notierte: »Die Art seines Talents weist den Komponisten eigentlich auf den Weg zum Musikdrama.« Das war aus der Weltsicht Hanslicks zwar kritisch gemeint, doch durchaus nicht von der Hand zu weisen. Bis dahin sollte es allerdings noch ein wenig dauern. Mit Guntram und Feuersnot legte Strauss 1894 bzw. 1901 seine ersten beiden Opern vor – heute für uns Randwerke seines schöpferischen Kosmos’. Denn erst mit Salome, uraufgeführt 1905 in Dresden, stieg er zum epochemachenden Musiktheaterkomponisten auf. Und erst mit diesem Werk gelang es ihm, sich dem Bannkreis Wagners zu entziehen, selbst wenn noch vieles im Werk direkt von Wagner beeinflusst ist. Dennoch: Salome ist unverkennbar neu, in seiner Thematik, seiner Machart, seinen Farben. Und in der Behandlung der literarischen Vorlage.

Springen wir viele Jahrhunderte zurück. Seinen Ursprung schöpft die Salome-Handlung aus vier Quellen: den Evangelien von Markus, Matthäus und Lukas sowie den Schriften des Geschichtsschreibers Flavius Josephus; ähnlich gelagerte Erzählungen finden sich jedoch schon weit früher in unterschiedlichen römischen Quellentexten. Im Laufe der Kulturgeschichte ist das Interesse an der Erzählung überbordend, wie an der unüberschaubaren Zahl an Salome-Dichtungen, -Gemälden und -Plastiken abzulesen ist.

Eine Wegmarke in der diesbezüglichen Auseinandersetzung schuf Oscar Wilde mit seinem Salomé-Drama, das er 1891 auf Französisch verfasste. In London verboten, in Paris uraufgeführt, wurde es alsbald ins Englische und dann ins Deutsche übertragen, wobei sich etliche Unschärfen und Fehler einschlichen, die später auch ins Libretto der Strauss-Oper, das auf Basis einer Übersetzung von Hedwig Lachmann entstand, Eingang fanden. Seinem intensiven Theaterinstinkt folgend erkannte der Komponist schnell das Potenzial des Stoffes, und als sich nach einer Aufführung der Salomé von Wilde mit der grandiosen Darstellerin Gertrud Eysoldt – Inszenierung Max Reinhardt – der bekannte Cellist und Pädagoge Heinrich Grünfeld mit den Worten »Das wäre doch ein Opernstoff für Sie« an Strauss wandte, konnte dieser gelassen erwidern: »Bin bereits am Komponieren«.

Er war nicht der Einzige. Schon Jules Massenet hatte zweieinhalb Jahrzehnte zuvor eine Hérodiade (also Herodias) verfasst, zeitgleich mit Strauss erarbeitete der französische Komponist Antoine Mariotte eine Salomé auf Basis des Wilde’schen Textes – Uraufführung 1908.

Am bekanntesten bleibt aber Strauss’ Fassung. Die Uraufführung in Dresden wurde zum »unbeschreiblichen Erfolg«, wie eine Zeitung den Abend beschrieb, mehr als 40 Vorhänge gab es, zuvor aber zahlreiche Diskussionen. So wurde die Premiere erst gestattet, nachdem die Idee aufgekommen war, am Ende der Oper den Stern von Bethlehem aufgehen zu lassen und das skandalöse Geschehen durch einen christlichen Erlösungshorizont zu relativieren. Berühmt ist auch der Seufzer Kaiser Wilhelm II., dass er Strauss sonst »sehr gern habe«, dieser sich mit der Salome aber »furchtbar schaden werde«. Trockener Kommentar des Komponisten: »Von diesem Schaden konnte ich mir die Garmischer Villa bauen«.

Ohne Zweifel hatte der Komponist mit seiner Oper in mancher Hinsicht den Diskurs der Zeit getroffen: etwa in der Psychologie der Figuren, der neuen Klanglichkeit und der Abkehr von bestehenden Modellen.

Dass leider auch sehr dunkle Schatten auf die- sem Werk liegen, ist nicht zu übersehen. So trägt die Diskussion der jüdischen Gläubigen ganz offen antisemitische Codes, die vom damaligen Publikum verstanden und von einem erheblichen Teil auch goutiert wurden.

Und Wien? Die Wiener Hofoper stand damals unter der Leitung Gustav Mahlers, eines erklärten Bewunderers von Salome. War sein Verhältnis zum Komponisten auf unterschiedlichsten Ebenen disparat, also von Kollegenschaft, großem Respekt bis zu Kopfschütteln reichend, so gab es in puncto Salome kein anderes Urteil als uneingeschränkte Bewunderung. Dass also diese Oper – Mahler hatte in Wien bereits Feuersnot gespielt – auf den Spielplan musste, stand außer Frage. Doch dann entspann sich ein Kampf mit der Zensur, der in die Operngeschichte eingehen sollte. Der Zensor Emil Jettel von Ettenach – er wäre ohne diese Affäre heute längst vergessen – verbot nach längerem Hin und Her die Oper, da sie nach seiner und des Kaiserhauses Meinung gegen die Sittlichkeit verstoße. Berühmtes Zitat: Man sehe »die Darstellung von Vorgängen, die in das Gebiet der Sexualpathologie gehören und sich nicht für unsere Hofbühne eignen«. Man wich nach Graz aus, wo die österreichische Erstaufführung unter Strauss stattfand, ein Breslauer Gastspiel brachte die Oper wenig später ans Wiener Volkstheater, wo sie ausdauernd und mit großem Erfolg lief. Erst 1918 konnte Salome erstmals im Haus am Ring über die Bühne gehen. Seither freilich zählt sie zu den großen fünf Klassikern des Wiener Strauss-Repertoires.

Knapp 600mal erklang sie in den letzten 100 Jahren im Haus am Ring, über 250mal in der inzwischen betagten Produktion Boleslaw Barlogs aus 1972. Dieser folgt am 2. Februar eine Neuproduktion, die Musikdirektor Philippe Jordan leitet. Als Regisseur darf man sich auf den Hausdebütanten Cyril Teste freuen, dessen vielschichtige Theaterkunst erstmals außerhalb Frankreichs mit einer Premiere zu erleben ist. Mit Malin Byström in der Titelpartie, Michaela Schuster als Herodias, Iain Paterson als Jochanaan und Gerhard Siegel als Herodes steht darüber hinaus ein international einzigartiges Ensemble auf der Bühne.