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90 Jahre Wiener Klangkultur

Der berühmte, traditionsreiche golden-satte Wiener Klang – hochgepriesen, bewundert,vielbeschworen – ist unbestritten eines der Markenzeichen der österreichischen Musikkultur. Geprägt und bei jeder Aufführung neu geschaffen wird er im Wesentlichen von zwei Klangkörpern: dem Staatsopernorchester und dem Staatsopernchor respektive außerhalb des Hauses von den Wiener Philharmonikern und der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor. 

Letztere feiert am 19. November im Rahmen einer eigenen Konzertmatinee in der Wiener Staatsoper gemeinsam mit der Sopranistin Anna Netrebko und dem Tenor Piotr Beczala den 90. Geburtstag – Zeit für ein Gespräch mit Konzertvereinigungs-Vorstand Mag. Anna-Maria Birnbauer und Geschäftsführerin Karin Wieser.

Der Wiener Klang ist ein Alleinstellungsmerkmal der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor.Inwieweit ist mit diesem so typischen Klang zugleich ein bestimmtes Repertoire umrissen? 

Anna-Maria Birnbauer: Heute gibt es, und das wird jeden Musikliebhaber freuen, eine ganz große Auswahl an Spezialchören für die unterschiedlichstenStilrichtungen und Musikepochen.Einer der Stärken, die die Konzertvereinigung auszeichnet, ist ihre große Repertoirebreite,der Umstand, sich nicht auf einen schmalen Kanon festschreiben zu lassen. Zweifellos ist aber die musikalische Urheimat unseres Chores und damit auch unserer Klangkultur in der Wiener Tradition eines Schubert, Beethoven, Bruckner oder Brahms zu suchen und im weiteren Sinn in der gesamten romantischen und spätromantischen Literatur …Karin Wieser: … und dieses große Repertoire wäre mit Sicherheit nicht realisierbar, schon gar nicht auf diesem Qualitätsniveau, wenn nicht alle Mitglieder ausgebildete professionelle Sängerinnen und Sänger wären. Das ist ja bei den meisten,zum Teil namhaften Chören, auch in Österreich nicht der Fall.

Besteht gewissermaßen eine Personalunion zwischen der Konzertvereinigung und dem Staatsopernchor? Sind also die Mitglieder der beiden Chöre identisch?

Karin Wieser: Mit der Aufnahme in denStaatsopernchor wird man tatsächlich zugleich auch ordentliches Mitglied der Konzertvereinigung.Der umgekehrte Weg ist jedoch nichtmöglich – man kann zwar als außerordentlichesMitglied in die Konzertvereinigung aufgenommen werden, ist aber damit nicht automatischTeil des Staatsopernchores.

Die Konstellation ist somit vergleichbar mit jener von Staatsopernorchester und Philharmoniker?

Anna-Maria Birnbauer: Die Situation ist insofern nicht eins zu eins übertragbar, als die Mitwirkung an den Auftritten der Konzertvereinigung auf freiwilliger Basis funktioniert.Wer also zum Beispiel aus irgendeinem Grund im Sommer einmal nicht bei den SalzburgerFestspielen mitmachen möchte, kann dies sozusagen konsequenzenlos tun. Früher galt so eine Absage fast als ehrenrühriger Akt – das hat sich in den letzten zwei, drei Jahrzehnten verändert.

Und warum tut man sich das freiwillig an? Immerhin ist die fixe zehnmonatige Arbeit an der Staatsoper an und für sich schon eminent energieverbrauchend…

Karin Wieser: Wissen Sie, ich fahre seit mittlerweile27 Jahren jeden Sommer nach Salzburgund meine Stimme hat dadurch keinerlei Schadengenommen. Im Gegenteil: Die Zusammenarbeit mit bedeutenden Dirigenten, Orchestern,Sängern kommt einem künstlerischen Auftanken gleich. Ich kann natürlich nur für mich sprechen,aber diese Proben und Auftritte im Sommeroder auch während des Jahres außerhalb der Oper geben mir mehr Kraft und Energie als ein mehrwöchiger Urlaub.

Sie sprechen von bedeutenden Dirigenten – inwiefern prägen diese den Stil des Chores mit? Verändert sich dadurch im Laufe der Jahre womöglich Wesentliches am Klangbild, am künstlerischen Selbstverständnis?

Anna-Maria Birnbauer: Natürlich färbt jede Sichtweise ab. Und gerade aus diesem Grund ist es uns wichtig, mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten, um möglichst viele Impulse zu erhalten. Wir haben heuer im Sommer unter anderem mit Riccardo Muti gearbeitet, der stets einen großen Wert auf Klang, gute Phrasierung, große Legatobögen,Vokalausgleich, auf Nuancen legt. Für andere,wie Mariss Jansons sind unter anderem exakte rhythmische Impulse wichtig. Wir sind gewissermaßen ein großes Instrument mit einem unverwechselbaren Profil, das aber von jedem Dirigenten oder Chorleiter unterschiedlich eingesetzt wird. 

Nehmen wir an, die Konzertvereinigung singt beispielsweise einiges von Bruckner oder Brahms. Wirkt das spürbar auf die Leistung des Staatsopernchores zurück?

Karin Wieser: Ein Konzertprogramm wirkt richtiggehend stimmhygienisch, wir sind angehalten, wieder schlanker zu singen und da keinerlei szenische Aktionen ins Spiel kommen, ist der Fokus hundertprozentig auf den Gesang gerichtet. 

Anna-Maria Birnbauer: Durch das physische Näher-bzw. Aneinanderrücken wird überdies das klangliche Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Wir können besser aufeinander hören und im wahrsten Sinn des Wortes miteinander Musik machen.

Wenn man Teil eines gerade entstehenden Klanges wird, kommen Ihnen da kathartische Gefühle?

Anna-Maria Birnbauer: Definitiv. Bei einem Verdi-Requiem etwa kann ich geradezu high werden…

Karin Wieser: … und schon die Vorfreude, beispielsweise aktuell auf das Brahms-Requiem in der Hofburgkapelle am 1. November, erzeugt Glücksgefühle.

Bestehen Pläne zur Ausweitung der Konzerttätigkeit?

Anna-Maria Birnbauer: Mittel- und langfristig möchten wir wieder auf die höhere Auftrittsdichte früherer Jahre zurückkehren. Natürlich sind wir durch unsere Tätigkeit an der Staatsoper stark gebunden, aber wenn auch hier im Haus wieder vermehrt Konzerte anfallen, wären das natürlich willkommene Anlässe, um uns dem hiesigen Publikum auch auf diesem Gebiet verstärkt präsentieren zu können.

Das Gespräch führte Andreas Láng


90 Jahre Wiener Klangkultur
Matinee der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor

Sonntag, 19. November 2017 | 11:00

Überreichung der Clemens Krauss-Medaille an KS Anna Netrebko
Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen
Ehrenpräsidium: Direktor Dominique Meyer und Dr. Helga Rabl-Stadler

Mit: KS Anna Netrebko, Piotr Beczala
Moderation: Christoph Wagner-Trenkwitz
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Bühnenorchester der Wiener Staatsoper
Dirigent: Thomas Lang

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