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Was hinter den Kulissen tatsächlich passiert

Die Mai-Feierlichkeiten zum 150-Jahr-Jubiläum der Wiener Staatsoper stehen unmittelbar bevor – eingeleitet werden sie allerdings bereits am 28. April auf eher ungewohnte Weise mit einer Filmpremiere: Nach der Nachmittagsvorstellung der Salome verwandelt sich der Theaterraum in einen großen Kinosaal, um zugleich durch den gezeigten Film das innerste Wirken dieses Opernhauses dem Publikum näherzubringen: Dass der Vorhang jeden Abend aufgeht, nimmt man fast als Selbstverständlichkeit hin, wer respektive welche Abläufe aber hinter dieser Selbstverständlichkeit stehen, werden in Backstage Wiener Staatsoper von Filmregisseur Stephanus Domanig eindrucksvoll und liebevoll erzählt.

Sehr geehrter Herr Domanig, die Wiener Staatsoper ermöglicht tagtäglich das Lebendig-Werden von Geschichten, das Entstehen neuer Welten. Nun wird sie in Ihrem Dokumentarfilm mit einem Mal selbst zum Inhalt. Hat sich die Idee zu diesem Projekt peu à peu herauskristallisiert oder wurde ein langgehegter Wunsch endlich in die Tat umgesetzt?
Stephanus Domanig: Ich wurde von einem Produzenten, der meinen Film Just Ballet über die Ballettschule gekannt hat, eines Tages gefragt, ob ich nicht Lust hätte, etwas über die Wiener Staatsoper zu machen. Warum ich selbst nicht vorher schon auf diese Idee gekommen war, weiß ich nicht, sicher ist aber: Ich fand den Gedanken äußerst spannend, gleichzeitig herausfordernd und so nahm ich den Faden auf, entwickelte ein Rohkonzept, fand in Dominique Meyer einen interessierten Partner und in den 150-Jahr-Feierlichkeiten des Hauses einen schönen Anlass.

Der Titel des Filmes lautet Backstage Wiener Staatsoper – damit ist klar, in welche Richtung, in welchen Bereich der Blick des Zuschauers gelenkt wird. Können Sie aber hier schon verraten, wie dies geschieht?
Stephanus Domanig: Mein prinzipieller Zugang war: Kaum jemand weiß, was hinter den Kulissen passiert, also möchte ich genau das erzählen – der Titel ist somit zugleich Programm. Und bei einem Opernhaus mit einer derartig großen Bandbreite an Gebotenem schien mir der wirkungsvollste Weg zu sein, beides zu zeigen: Den Entstehungs- prozess einer ausgesuchten Opernproduktion – von der Modellabgabe 15 Monate vor der Pre- miere über die sechswöchige Probenphase bis zur ersten Vorstellung – und parallel dazu den alltäglichen Repertoirebetrieb. So kamen wir auf über zehn Opern sowie ein Ballett. Was die Neuproduktion betrifft, entschieden wir uns nach längerem Suchen und Abwägen schließlich für Saint-Saëns’ Samson et Dalila, zum einen, weil es sich um eine rechtefreie Oper handeln musste, zum anderen weil wir im Protagonistenpaar ElınaGaranca und Roberto Alagna bzw. dem bösen Antagonisten Carlos Álvarez ein wunderbares Dreigestirn zur Verfügung hatten, das unserem Projekt sehr positiv gegenüberstand. Von den Interpretinnen und Interpreten dieser einen Oper abgesehen, wollte ich aber bewusst das Gängige, die ohnehin bekannten Variablen Orchester sowie Sänger nur streifen, und mich vor allem auf das für die Allgemeinheit Unbekannte konzentrieren, dorthin schauen, wo das Scheinwerferlicht im Normalfall nicht hinfällt. Ich denke, dass dieser eher eigenwillige Zugang zugleich ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Dieser Zugang bringt mit sich, dass unterschiedliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diverser Abteilungen plötzlich vor der Kamera standen, für die so eine Situation eine neue Erfahrung darstellte. Wie schafft man in solchen Fällen authentische, ungekünstelte Bilder?
Stephanus Domanig: Im Dokumentarfilmbereich hat man es meistens mit Laien zu tun. Aber wenn es gelingt, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, den Beteiligten zu vermitteln, dass man nicht auf Dinge lauert, die den Betreffenden bloßstellen oder ihm unangenehm sind, dann kann das Ergebnis sehr schön werden. Wichtig ist nur, möglichst viel spannendes Material zu haben, um im Schneideraum jene Teile auszuwählen, in denen die Persönlichkeit des bzw. der jeweils Gefilmten ideal zur Geltung kommt. Für Backstage Wiener Staatsoper kamen insgesamt ungefähr 70 Stunden Material zusammen, aus dem wir dann unseren Film herausmodelliert haben wie ein Bildhauer seine Skulptur aus dem vor ihm stehenden Steinblock. Aber natürlich ist es bei einem Betrieb dieser Größenordnung nicht möglich, alle und alles zu zeigen – diese Auswahl zu treffen fällt mitunter schon schwer.

Wie muss man sich nun den Aufbau vorstellen, wie ist der Erzählmodus: werden zum Beispiel die einzelnen Abteilungen hintereinander gezeigt?
Stephanus Domanig: Es ist grundsätzlich notwendig dramaturgische Bögen zu entwickeln, die dem Publikum Orientierung geben und denen problemlos gefolgt werden kann, nicht zuletzt in einer Umgebung wie in unserem Fall, bei der die Örtlichkeiten oft gewechselt werden. Zentral dabei war der schon erwähnte Bogen von der Modellpräsentation Samson et Dalilas im Februar 2017 bis zur Premiere im Mai 2018, wobei wir die- sen Bogen auch nicht nur linear bespielen, sondern sozusagen Pirouetten geschlagen haben.

Soll heißen?
Stephanus Domanig: Wir haben immer wieder die Bilder der Premiere mit Proben oder der Arbeit an Bühnenbild oder Kostümen verschnitten, um dadurch Spannung aufzubauen – denn der Zuseher, der sieht, wie an einem Detail gearbeitet wird, möchte zwangsläufig auch bald das Ergebnis sehen. Und das ermöglichen wir auf diese Weise.

Und wie sieht es hinsichtlich des Stilistischen aus, welchen Weg sind Sie hier gegangen?
Stephanus Domanig: Es handelt sich, wie es unsere Kamerafrau Eva Testor so schön gesagt hat, um eine Verbindung von Direct Cinema und Visconti, Opulenz der Bilder des Topos Oper einerseits und ein sehr unmittelbarer authentischer Zugang andererseits.

Bei einem Film über die Oper darf natürlich die Musik nicht zu kurz kommen.
Stephanus Domanig: Die Musik dient in diesem Film als wichtiges, verbindendes Element. Wie schon erwähnt, wird die Arbeit an über zehn Opern und einem Ballett porträtiert, also sind aus diesen Werken immer wieder kleinere Ausschnitte zu hören – durchaus sehr viel rein instrumentale Passagen, zum Beispiel das Vorspiel aus Parsifal. Und selbstverständlich achteten wir darauf, dass die Highlights, die musikalischen Höhepunkte mit der Dramaturgie unserer Bildfolgen und Bildschnitte korrespondieren.

Haben Sie als Adressaten des Films eine bestimmte Zielgruppe im Auge?
Stephanus Domanig: Natürlich ist der Film für alle gedacht, die die Oper lieben. Aber darüber hinaus ist die Wiener Staatsoper ohne Zweifel eine Wiener, ja sogar eine österreichische Ikone. Viele kennen das Gebäude, gehen womöglich täglich an ihr vorbei, verbinden mit diesem Kulturinstitut das eine oder andere Klischee, ohne das Haus allerdings je zu betreten oder gar eine Vorstellung zu besuchen. An dieser Stelle könnte der Film ansetzen, um diesen blinden Fleck auf der Wissenslandkarte zahlreicher Menschen ausfüllen. Neben den Opernliebhabern und treuen Besucherinnen und Besuchern sollen also durchaus auch der Oper Fernstehende angesprochen werden.

Stephanus Domanig
1967 geboren in Südtirol/Italien, Regisseur und Drehbuchautor.
Er ist Absolvent der Wiener Filmakademie und lebt mit seiner Familie in Wien und
dem Waldviertel.

Filme (Auswahl):
Das erste Jahrhundert des Walter Arlen (2018), For my sisters (2014), Just Ballet (2012), Raunacht (2006), Lucy McEvil – Diseuse auf Winterreise (2005), Ballet Special (2003).

Filmpremiere
Backstage Wiener Staatsoper
Kinodokumentarfilm von Stephanus Domanig Prisma Film 2019
ca. 96 Minuten

28. April, 20.30,
Wiener Staatsoper

Karten zu 5,-/ 10,-/14,-/ 18,- /22,-