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© Besim Bazhiqi

Unser Ensemble: Lukhanyo Moyake im Portät

Informationstechnik und Rugby – das waren die Betätigungsfelder des damals eben frisch maturierten Lukhanyo Moyake: Ersteres begann er gerade mit vollem Elan an einer südafrikanischen Universität zu studieren, Letzteres betrieb er leidenschaftlich in jeder zur Verfügung stehenden Minute … bis ihm ein guter Freund die Aufnahme eines Konzertes der „drei Tenöre“ in die Hand drückte und ihm ans Herz legte, Pavarottis „Nessun dorma“-Interpretation anzuhören. Lukhanyo Moyake tat es und das was danach folgte, kam einem kompletten Neustart, einem grundlegenden Lebensparadigmenwechsel gleich. Die Weiche wurde umgestellt und Lukhanyo Moyake, der zuvor nicht die geringste Berührung mit klassischer Musik gehabt und im Gegensatz zu vielen Gleichaltrigen in keinerlei Chor mitgewirkt hatte, ja sich sogar blauäugig erkundigte, ob es Schulen gäbe, an denen man diese Art des Singens erlernen könne oder ob Pavarotti ohne jede Ausbildung rein zufällig zu so einer Leistung imstande war, fokussierte von da an seine gesamte Energie auf den Gesang. Auf erste Tuchfühlung mit dieser neu zu erforschenden Welt besuchte er einen Chor, dem ein weitschichtiger Verwandter als Dirigent vorstand. Nachdem er als nächsten Schritt eine Aufnahmeprüfung in eine Gesangsklasse gemeistert hatte, präsentierte er dem Lehrer gleich in der ersten Stunde die besagte Pavarotti-Aufnahme, gewissermaßen als Arbeitsauftrag, mit den Worten: „Genauso will ich singen.“ Die ihn überraschende Antwort, „das bist aber nicht du, versuche nicht zu imitieren, lerne mit deiner eigenen Stimme zu singen“ nahm er als erste Lektion wahr und betrat damit den Eingangsbereich seiner Laufbahn – die sich aber vorerst etwas zögerlich anließ. „Am Ende meines ersten Jahres durfte ich beim Abschlussabend nicht auftreten, weil ich noch nicht gut genug war, am Ende meines zweiten Jahres durfte ich beim Abschlussabend nicht auftreten, weil ich noch nicht gut genug war. Doch dann gab ich mir selbst einen Tritt, begann ordentlich zu üben und an meinen Fähigkeiten zu arbeiten – und siehe da, beim dritten Abschlussabend war ich endlich dabei“, erinnert sich Lukhanyo Moyake.
Danach ging es allerdings Schlag auf Schlag: Noch während des Studiums erhielt er einen Vorsingtermin und daraufhin ein erstes Engagement an die Oper von Kapstadt, wo er sich nun Stück für Stück ein Repertoire und zugleich Auftrittsroutine erwarb. Und bald darauf konnte er den Blick auch in weitere Ferne richten, als Gastsänger in Portugal, Deutschland und London zusätzliche Erfahrungen sammeln und an internationalen Wettbewerben teilnehmen. Beim Neue Stimmen-Bewerb in Gütersloh gewann er übrigens 2015 den 3. Preis und, was noch wichtiger war, die Aufmerksamkeit des Juryvorsitzenden Dominique Meyer, was wiederum zu einem Vorsingen und letztendlich zu einem Ensemblevertrag an der Wiener Staatsoper führte, an der er am 6. Dezember 2018 als Ismaele in Verdis Nabucco debütierte.
Mittlerweile hat er sich in Wien gut eingelebt, lernt nicht nur massenweise neue Partien, sondern zusätzlich zu seinen Muttersprachen Xhosa und Englisch auch noch Deutsch. Und er sprüht vor Euphorie und Energie, wenn vom Singen und der Oper die Rede ist (was, in seiner Gesellschaft naturgemäß sehr bald der Fall ist). Mit größter Freude spricht er dann von seinem Glück, das er im Moment des Auftretens empfindet, schildert wie er nach jedem Öffnen des Vorhangs begierig die Anwesenheit des Publikums in sich aufsaugt und
eine Vorstellung als gemeinschaftliches Erleben aller Beteiligten – er auf der Bühne, die Zuseher im Saal – wahrnimmt, wie er in den Proben versucht die einzelnen Rollen zum Leben zu erwecken und ihnen charakterliche und biografische Konturen zu verleihen. Kein Wunder also, dass er die Opernbühne dem Konzertpodium (das er ebenfalls regelmäßig
betritt) vorzieht: Denn, so gesteht er im Gespräch, bei einem Liederabend sei er lediglich Lukhanyo Moyake der ein Lied singt, aber auf der Opernbühne, da dürfe er zu all jenen Personen werden, die er verkörpert. Dann ist er nicht mehr Lukhanyo, sondern Alfredo, oder Don José, oder Belmonte, oder eben Ismaele (alles Partien, die er, nebenbei bemerkt, schon gestalten konnte) … und, vielleicht in absehbarer Zeit ein Massenet’scher Des Grieux (zumindest steht dieser romantische Held ganz oben auf der derzeitigen persönlichen Wunschliste) oder, in 20, 25 Jahren, gar der Verdi’sche Otello …

Die große Entfernung zur Heimat versucht er, gemäß seinem Namen Lukhanyo, was übersetzt so etwas wie „Licht, das wie Sonnenschein leuchtet“ bedeutet, kleinzureden … seine erste Universität in Südafrika sei schließlich auch neun Autostunden von seinem Elternhaus entfernt gewesen und jetzt wären es halt neun Flugstunden. Die Eltern wiederum tröstet, dass er einen Beruf ausüben darf, den er mit jeder Faser seines Herzens liebt. Und viel später würde er, wenn irgendwie möglich, ohnehin als Gesangspädagoge wieder zurückkehren, da er sich auf den Rat einer Lehrerin einst zusätzlich auf diesem Gebiet hat ausbilden lassen. (Wenn auch erst nach einigem Widerstand – so fürchtete Lukhanyo Moyake ursprünglich, dass ihm die Sicherheit eines zweiten Standbeins möglicherweise den Impetus für die Karriere rauben würde – was glücklicherweise nicht eintraf.) Das alles ist aber sehr ferne Zukunftsmusik – aktuell ist er im Februar als Arturo in der Lucia di Lammermoor-Neuproduktion zu erleben und damit in seiner ersten Staatsopern-Premiere.

Andreas Láng


Lucia di Lammermoor | Gaetano Donizetti
Premiere: 9. Februar 2019
Reprisen: 12., 15., 18., 21. Februar 2019
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