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Schlagobers und Tafelspitz

Es gibt Tage im Wiener Staatsopern-Kalender, die rot angestrichen sind; die Saisoneröffnung zum Beispiel, Premieren und Uraufführungen, wichtige Debüts, erwartete Sternstunden – und natürlich die Silvester-Fledermaus. Seit langen Jahrzehnten wird mit dieser Operette von Johann Strauß das Jahr beendet, und stets rauft man sich in dem Stück nach langem Trubel und viel Verwirrung wieder zusammen: Was auch immer geschehen ist, es ist eben geschehen – und Schwamm drüber! Oder etwas prickeln der ausgesprochen: Der Champagner war an allem Schuld! Ein sehr Wienerisches, aber vielleicht gar nicht so falsches Jahresfinale; man will und wird es ja im kommenden besser machen ...

Heuer wird am letzten Tag des Jahres Michael Schade, Wahlwiener und Kammersänger, gefragter Tenor und Festivalintendant, erstmals an der Wiener Staatsoper den Eisenstein übernehmen. Den Alfred: den hat er rund um die Welt, von Wien bis zur New Yorker Metropolitan Opera, überall gesungen. Den Eisenstein: den hat er vor zwei Jahren in Toronto an der Canadian Opera Company erstmals ausprobiert. „Das war Weihnachten 2014, eine Neuproduktion. Und eine echte Gaudi!“ Eine echte Gaudi, das ist die Fledermaus freilich. Aber ist sie auch mehr? „Absolut!“, schwärmt Schade. „Ein unübertroffenes Meisterwerk, unglaublich komplex.“ Und entsprechend schwierig zu gestalten, ja sogar „eines der schwierigsten Stücke, die ich überhaupt kenne. Abgesehen davon ist die Fledermaus ein Übungsstück für jeden angehenden Psychiater“, lacht er. „Denn es ist sehr viel Menschliches darin. Die Charaktere, sie spiegeln eine verflossene Zeit wider, sind aber dennoch ganz alltäglich. Wie das Ehepaar Eisenstein es halt noch einmal wissen will … Er: Ob er eine Frau herumbekommt, so leicht wie früher? Sie: Ob sie noch attraktiv ist für den ehemaligen Liebhaber?“

Alles Lüge, alles betrogene Betrüger? Wahrscheinlich. Aber dennoch auch charmant. „Der Eisenstein“, davon ist Schade überzeugt, „hat schon das gewisse Etwas“, ist keineswegs ein Dummkopf, sondern ist gewinnend und sozial offen. Ein bisschen zu offen halt, aber mit Sicherheit keine ganz und gar abstoßende Figur. Ein Opportunist: mitunter. Ein Schleimer: nein! „Eisenstein ist ein charmanter Narziss, so von sich eingenommen, dass er gar nicht merkt, wie lächerlich er sich macht. Ein Fest von einem Charakter, wunderbar zu spielen!“Ob er sich bessern wird? „Im Moment sicher“, meint Schade. „Seine Bitte um Verzeihung ist wie das „Contessa perdono“ des Grafen Almaviva im Figaro. Eisenstein glaubt in dem Moment sicher daran. Er liebt seine Frau ja. – Und sie ihn.“

Was das Wienerische an der ganzen Fledermaus-Situation ist? „Dass alle die Augen schließen und auf einen guten Ausgang hoffen. Notfalls mithilfe von Champagner“, lacht Schade. Jedenfalls „ein glorreiches Stück“ und in puncto Musik so typisch für Wien wie der Tafelspitz es gastronomisch ist. Und um bei der Gastronomie zu bleiben: Wirklich wichtig ist, „mit großer Freude von der Operette überzeugt zu sein und sich nicht zu genieren, das Ganze mit Schlagobers zu garnieren.“ Den Eisenstein an der Wiener Staatsoper singen zu dürfen ist jedenfalls „ein besonderer Ritterschlag. Auch, weil es sich um eine unglaubliche Inszenierung von Otto Schenk handelt. Um einen der ganz großen Klassiker der Musiktheaterwelt.“

Oliver Láng


Die Fledermaus | Johann Strauß
31. Dezember 2016
Dirigent: Sascha Goetzel
Mit: Michael Schade, Regine Hangler, Elena Maximova, Norbert Ernst, Clemens Unterreiner, Daniela Fally, Peter Simonischek, Wolfgang Bankl, Peter Jelosits, Lydia Rathkolb

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