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© Wiener Staatsoper GmbH / Michael Pöhn

Prinzip Bühne

Insgesamt 14 solistische Auftritte respektive sieben verschiedene Rollen in einem Monat sind sogar für Wolfram Igor Derntl eine beachtliche Zahl: 3. Knappe in Parsifal, Junger Mensch und 1. Henker in Dantons Tod, Altoum in Turandot, Prinz in der Kinderoper Cinderella, 1. Gefangener in Fidelio und der Offizier im Barbier – sein jüngster April-Dienstplan hätte bunter nicht sein können. Und solche Solopartien sind nur das Plus zu seinem eigentlichen Brotberuf als Mitglied des Staatsopernchores. Aber wie so oft bei Vielbeschäftigten scheint Derntl nicht einmal den leisesten Ansatz von Müdigkeit oder musikalischer Übersättigung zu verspüren, auf jeden Fall vermitteln seine fokussierte Entschlossenheit und positiv motivierte Ausstrahlung den Eindruck eines stets Tatendurstigen, der gerne nach immer neuen Ufern Ausschau hält.

Ursprünglich hatte der aus dem oberösterreichischen Mauthausen stammende Tenor gar nicht an eine musikalische Laufbahn gedacht. Als Schüler eines naturwissenschaftlichen Gymnasiums und Sohn einer Mathematik- und Physikprofessorin schien ein Physikstudium zunächst das erstrebenswerte Ziel. Doch spätestens im Maturajahr begann sich, nicht zuletzt durch die Mitwirkung in einer Theatergruppe insbesondere durch Auftritte in Brechts Dreigroschenoper, der Fokus zu ändern: Wolfram Igor Derntl gab sich der Sogwirkung der Bühne im wahrsten Sinne des Wortes hin und begann bei KS Hilde Rössel-Majdan ein Gesangsstudium. Zwar streckte er auch die Fühler in Richtung Jus, Musikwissenschaften, Theaterwissenschaften und Publizistik aus, doch die Begeisterung für das aktive Künstlerdasein trug letztlich den Sieg davon (vielleicht auch genährt vom Umstand, dass sein Vater mit über 40 seine Laufbahn als Uhrmachermeister aufgab und zum Chorsänger am Linzer Landestheater mutiert war).

Bald startete die Solistenkarriere mit Partien wie Tamino, Pedrillo, Barinkay oder Vogelhändler- Adam, die ihn bis nach Holland führte. Doch irgendwann wurde der Wunsch nach Sesshaftigkeit (schon aufgrund der frühen Familiengründung) immer größer und als er schließlich von einer freien Stelle im Staatsopernchor erfuhr (mit der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor war er schon seit seinen Studententagen in Verbindung), trat er 2004 beim entsprechenden Vorsingen an und reüssierte. Ein bereits geplantes Engagement an der Wiener Kammeroper ließ er daraufhin fallen und konzentrierte sich von da an auf das Erlernen des gewaltigen Repertoires. Engagiert wie er war, nahm er allerdings bald zusätzlich die Aufgabe des Choransagers an, zeichnete mit anderen Worten für Dienst- und Probeneinteilungen verantwortlich.

Eines Tages erregte er die Aufmerksamkeit des damaligen Direktors Ioan Holender: Traditionell werden ja manche kleinere Solopartien in diversen Opern von Mitgliedern des Chores besetzt – zum Beispiel jene des Parpignol. Für eine besondere Bohème-Vorstellungsserie veranstaltete Holender nun ein eigenes Vorsingen innerhalb des Chores, um einen neuen feststehenden Pool an Parpignol- Sängern zu schaffen – und in diesem Zusammenhang lernte er Wolfram Igor Derntls Stimme kennen. Langer Rede kurzer Sinn: Als wenig später bei der Neuproduktion des Nibelungenrings für Kinder aufgrund von Erkrankungen ein absehbarer Besetzungsengpass drohte, durfte Derntl die Hauptrolle des Siegfried miteinstudieren. Dass er dann bereits in der dritten Vorstellung einspringen musste, war zwar so nicht vorgesehen gewesen, aber Derntls Chance sich zu beweisen. Und er nützte die Chance, gab die Partie immer wieder und ersang sich auf diese Weise einen Zusatzvertrag für Solorollen, der von Direktor Dominique Meyer in dieser Form weitergeführt wurde. Rollen, die ansonsten von Ensemblesängern verkörpert werden, wie zum Beispiel Bote in der Aida, Streschnew in Chowanschtschina, Trabuco in Forza del destino, Spoletta in Tosca, Borsa in Rigoletto, Roderigo in Otello oder der Erste Geharnischte in der Zauberflöte. All dies (und auch seine sonntäglichen Auftritte als Mitglied der Hofmusikkapelle) ist nur möglich, weil Wolfram Igor Derntl erstens ein sehr robustes Stimmmaterial sein eigen nennt, weil er zweitens sehr diszipliniert lebt, drittens mit einer hervorragenden Konzentrationsfähigkeit ausgestattet ist und viertens ein echter Bühnenmensch ist, der seine Auftritte mit jener Leidenschaft füttert, die notwendig ist, um lebendige, plastische Charaktere zu formen. Und darum kann er sich innerhalb eines Tages problemlos zum Beispiel vom lyrischen jungen Prinzen in der Cinderella in Altoum, den greisen, aber mächtigen Kaiser von China verwandeln.

Wenn er zwischen den Proben nicht gerade neue Rollen oder Chorstellen lernt, trifft man Wolfram Igor Derntl regelmäßig in einem Fitnessstudio in dem er Ausdauertraining betreibt – um sich für eine Sommer-Leidenschaft vorzubereiten: Denn neben der Oper und seiner Familie liebt er nämlich das Bergsteigen mit all seinen Herausforderungen und Beglückungen. Hier gewonnene Erfahrungen kommen umgekehrt jedoch wieder seiner eigentlichen Berufung zugute: Denn das Bewusstsein, eine 18 Stunden Tour auf den Piz Bernina über den Biancograt ohne gröbere Blessuren überstanden zu haben, schenkt einem auch die Gewissheit, den manchmal sehr fordernden, vielschichtigen Aufgaben des Opernbetriebs gewachsen zu sein…

Andreas Láng


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