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In der Wiederholung liegt die Suche nach Perfektion

An der Wiener Staatsoper war sie u.a. als Octavian, Dorabella, Zerlina, Charlotte, Nicklausse und Komponist zu hören: die französische Mezzosopranistin Sophie Koch. Während sie in Chicago als Octavian gastierte, sprach sie mit Oliver Láng über ihren kommenden Wiener Komponisten in Ariadne auf Naxos.

Ein Mitglied des Staatsopernorchesters meinte vor kurzem, dass sich seine Sicht auf den Rosenkavalier im Laufe der Zeit verändert hätte: Empfand er früher mit dem Octavian, so fühlt er sich heute der Marschallin näher. Können Sie das nachvollziehen?

Sophie Koch: Natürlich! Mit der Zeit verändern sich unsere Sichtweisen und damit auch unsere Einschätzungen der einzelnen Figuren. Wobei es beim Rosenkavalier allerdings so ist, dass man den Octavian ja nicht mit 17 Jahren, wie es eigentlich im Libretto heißt, singt, sondern deutlich später. Man ist also nicht mehr ganz so unerfahren und blauäugig, sondern bringt eine gewisse Lebenserfahrung mit. Ganz so unverständlich ist einer Octavian Darstellerin die Marschallin daher nicht.

Sie gestalten im März in Wien den Komponisten. Das ist Ihre zweitmeist und zweitlängst gesungene Staatsopern-Partie – welche war die häufigste?

Sophie Koch: Der Octavian. Den sang ich 1999, unmittelbar nach meinem Hausdebüt als Cherubino, zum ersten Mal an der Staatsoper.

Sind Octavian und der Komponist charakterlich Geschwister?

Sophie Koch: Zumindest sind sie beide Hofmannsthal-Kinder. Und es verbindet sie die Jugend und die Leidenschaftlichkeit. Octavian ist ja sehr leidenschaftlich, mit einer gewissen Frechheit sogar, eine Frechheit, die zur Jugend gehört. Der Komponist ist vielleicht etwas weniger komplex als Octavian. Er bleibt als Figur vom Anfang bis zum Ende gleich.

Persönlich sind ja viele Menschen in ihren jüngeren Jahren ein wenig wie der Komponist: was das Unbedingte, das Kompromisslose betrifft. Muss man sich das als Künstler behalten? Oder wird man auch zum abgeklärteren Musiklehrer?

Sophie Koch: Ich glaube, dass ein gewisser Enthusiasmus immer da sein muss, egal wie alt man ist. Die Lust, Musik zu machen, etwas Neues zu entdecken, neue Gefühle zu finden, neue Farben zu entdecken, etwas Frisches anzubieten. Das ist gewissermaßen Teil unsere Pflicht als Künstler. Das Publikum sollte das Gefühl haben, dass es die betreffende Oper zum allerersten Mal erlebt. Ich bewundere Künstler wie Mstislaw Rostropowitsch oder Yehudi Menuhin, die selbst im hohen Alter noch wie junge Menschen Begeisterung zeigen konnten. Und dabei waren sie doch so unglaublich erfahren! Das ist mein Traum: in der Musik auf diese Weise zu altern.

Mit anderen Worten: Es soll beim Komponisten gar nicht zu viel Augenzwinkern dabei sein? Seine Begeisterung muss echt und vollkommen sein?

Sophie Koch: Ich glaube, es kommt immer darauf an, wie man Musik empfindet. Es gibt Menschen, die Musik immer ernst nehmen und mit dieser Ernsthaftigkeit und Leidenschaft auch musizieren. Andere meinen, dass es nur ein Spiel ist, das uns unterhalten soll. Es ist eine Frage der Persönlichkeit.

Macht es den Beruf leichter, wenn man Kunst als Spiel sieht und die Sache etwas weniger ernst nimmt?

Sophie Koch: Ich denke schon. Weil vieles in die Kunst hineinspielt: Politik, Geld, Einfluss, Erfolg und anderes. Das ist keine Kunst! Aber – es geht nicht ohne manches von diesen Dingen. Ich glaube dennoch, dass ein Musiker zu seinem Beruf – und Musik ist eine Leidenschaft, die zum Beruf wurde – Integrität beweisen sollte. Das ist die Seele des Künstlers! Wobei es einige gibt, die keine solche Integrität haben und dennoch Karriere machen. Das ist eben so. Für mich persönlich ist es dennoch wichtig, dass die Musik an erster Stelle kommt.

Und ist die Musik die Heiligste unter den Künsten, wie es der Komponist in Ariadne singt?

Sophie Koch: Absolut. Immer. Es ist nur so: Musik ist schwer mit Worten zu beschreiben. Es ist ein Geheimnis, das man nicht erklären kann. Jeder hört und versteht etwas anderes in dem, was er gerade erlebt.

Aber braucht es inmitten dieser Heiligkeit nicht auch ein wenig eine Zerbinetta? Die Show? Das Verkaufen?

Sophie Koch: Unsere Welt hat sich nicht verändert, Show muss sein. Ich bin gerade in Amerika – und die wissen wirklich, was eine Show ist. Und wie man sie macht. Nur wenn es zu viel wird, dann verliert man ein bisschen seine Seele. Aber das „Business“ gehört natürlich dazu.

Warum singen Sie? Für wen? Für sich oder für das Publikum?

Sophie Koch: Für mich ist es eine persönliche Suche nach einem gewissen Ideal. Das treibt mich an. Aber natürlich denke ich immer auch an das Publikum und gebe stets das Bestmögliche.

Ein wichtiges Thema in der Ariadne ist die Transformation. Alles ist im Wandel – aber wünscht man sich als Künstlerin nicht doch mitunter, einen Endpunkt erreicht zu haben? Sagen zu können: Genau so gehört es! So bleibt es!

Sophie Koch: Musik ist ein bisschen wie ein Fisch im Wasser, mit anderen Worten: Schwer zu fassen. Man kann nicht sagen: Das ist es jetzt und ab nun lasse ich es so und nichts ändert sich mehr. Das ist unmöglich. Natürlich hat man immer ein Ideal im Kopf, aber es gibt so viel, das auf einen einwirkt. Und – siehe den Anfang unseres Gesprächs – man verändert sich ja auch. So ist es immer aufs Neue eine Herausforderung und man kann das, was gestern gut war, nicht für immer festschreiben. Abgesehen davon ist niemals alles perfekt. Einmal ist der erste Akt gut, dafür der zweite weniger, dann wieder umgekehrt. Es gibt immer beides. Aber: In der Wiederholung liegt die Suche nach Perfektion! Das ist für mich entscheidend!

Oliver Láng


Richard Strauss

Ariadne auf Naxos

4., 7., 12., 15. März 2016

MATINEE:

KSCH PETER MATIC LIEST ARIADNE AUF NAXOS

Am Sonntag, 13. März um 11.00 Uhr liest Peter Matic – der Haushofmeister der Ariadne-Serie – im Studio Walfischgasse das Hofmannsthal’sche Libretto der Oper.