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© Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Farbenspiel Giselle

Als Elena Tschernischova (1939 bis 2015) das Konzept für ihre an der Wiener Staatsoper am 29. Jänner 1993 uraufgeführte Version von Giselle erstellte, entschloss sie sich zu einer visuellen Gestaltung in „Schwarz-Weiß“, die streckenweise durch auffallende Farbakzente die Personenführung und damit die Fasslichkeit der Handlung unterstützt.

Bathilde „erstrahlt“ dabei in der Signalfarbe Rot, Albrecht trägt Braun und Giselle erscheint in Blau. Was aber möchten diese Farben vermitteln?

Folgt man Eva Heller und ihrem Buch Wie Farben wirken, das auf einer anonymisierten Befragung von 1888 Personen beruht, so ist Blau mit Abstand die beliebteste Farbe. Sie gilt demnach als Farbe der Treue und der Sehnsucht, war die „kostbarste Malerfarbe von jenseits des Meeres“ – da Ultramarinblau aus dem Halbedelstein Lapislazuli hergestellt wurde – und in zahllosen Bildwerken die Farbe der Gottesmutter Maria, zumeist ihres Mantels. Auch das „blaue Blut“ des Adels sollte im Falle der Giselle nicht vergessen werden, ist sie in Tschernischovas Fassung doch zugleich die illegitime Tochter des Herzogs von Kurland. Mit der Farbe Blau spielt das Kostüm also gleichermaßen auf das unschuldige Wesen der Giselle wie ihre Herkunft und Treue an, im selben Atemzug aber auch auf die Sehnsucht der jugendlichen Figur auf ein erfülltes Leben und Glück, in jedem Fall steht Blau auch für Frische.

Braun dagegen, die Farbe Albrechts, rangiert bei den eher unbeliebten Farben und signalisiert Eva Hellers Umfrageergebnissen nach das Spießige und Biedere, jedoch auch das Urtümliche und Naturbelassene. Daneben steht Braun in der Farbsymbolik der Minnedichtung für die „verschwiegene Liebe“ und Beziehungen, die nicht standesgemäß waren, des Weiteren auch heute noch häufig für die Untreue, womit sich die Farbsymbolik in Tschernischovas Konzept von selbst erschließt.

Über das Rot Bathildes schließlich ließen sich hunderte Bände füllen, ist es doch als Farbe des Blutes und der Lebenskraft „die erste Farbe, der der Mensch einen Namen gab“ und Symbolfarbe aller Leidenschaften. Traditionell und nicht zuletzt auf Grund des roten Purpur ist es auch die Luxusfarbe des Adels und der Wohlhabenden, daneben Symbol für das gesetzlich und moralisch Verbotene, die Farbe der Korrektur und Kontrolle. In jedem Fall dominiert Bathildes rotes Kostüm visuell die Bühne und scheint Giselle in dieser optischen Übermacht beinahe zu erdrücken, deutlicher könnte man die Unterschiede jedweder Art zwischen den beiden Figuren kaum ins Bild rücken, womit das Rot zugleich einmal mehr seine Kraft in der Welt der Farben unterstreicht.

Oliver Peter Graber

Giselle
15., 17., 21., 24., 26., 30. September,
3., 9., 20. Oktober 2018

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