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© David Jersusalem

DREI FRAGEN AN ANDREAS SCHAGER

Liebe oder Sehnsucht? Was treibt die Figuren um?

Schwierige Frage. Ich denke, es ist in erster Linie die Sehnsucht, die Tristan antreibt. Im Gegensatz zu z.B. Lohengrin oder Samson sagt Tristan ja kein einziges Mal die berühmten Worte: »Ich liebe dich«. Wobei man Liebe und Sehnsucht schwer trennen kann. Das Gefühl der Sehnsucht kennt jeder, der seiner geliebten Partnerin / seinem geliebten Partner ferne ist. Die Entfernung von Tristan und Isolde ist eine gesellschaftliche. Sie sind einander unerreichbar, selbst wenn sie sich körperlich nahe sind. Der Versuch, die gesellschaftliche Ordnung aufzuheben, endet für beide letztendlich tödlich.

Das angesprochene Unbewusste, das im Tristan große Bedeutung hat: Inwiefern spielt Ihr Unbewusstes, Unterbewusstes bei einer Interpretation eine Rolle?

Im Allgemeinen versuche ich immer meine eigene Person hintanzustellen und wie ein leeres Gefäß zum Beginn der Proben zu kommen. Nach und nach füllt sich dieses Gefäß und der Charakter der Figur wird sichtbar. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie unter- schiedlich, aber auch reicher die Rolle bei jeder Inszenierung und musikalischer Interpretation wird. Und gerade in der oft überbordenden Gefühlswelt bei Tristan und Isolde finden sich viele bewegende Momente. So zum Beispiel die tiefe Enttäuschung der Vaterfigur König Markes, als er bemerkt, dass er von den beiden Menschen, die er am meisten liebt, hintergangen wurde. Ich denke, jedesmal wenn den Darsteller oder den Zuseher etwas bewegt, meldet sich das Unterbewusstsein.

Wagner stellte in einem Brief fest, dass er selbst Tristan und Isolde immer weniger begreifen könne. Ist das Marketing? Oder kann etwas wie Tristan nie ganz begriffen werden?

Diese Aussage Wagners hat für mich Sinn, denn man sieht ein und denselben Stoff oft mit den Jahren, auf Grund seiner Lebenserfah- rungen, völlig unterschiedlich. Schon Heraklit bemerkte »Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen«. Das heißt, selbst wenn man genau das gleiche zu einem späteren Zeitpunkt wieder macht, ist es anders und man kommt zu anderen Schlüssen. »Panta rhei« (Alles fließt).