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Das Staatsopernorchester: Fagottistin Sophie Dartigalongue

Lehrer, Anwalt, Arzt, Tischler oder Schrift-steller – man hört viele Antworten, wenn man Künstler der Staatsoper nach einem Alternativplan im Zuge ihrer Berufswahl fragt. Nun ist auch Feuerwehrmann, oder besser: Feuerwehrfrau dazugekommen.Denn Sophie Dartigalongue, seit vergangenem Jahr Mitglied des Staatsopernorchesters, wirkte jahrelang bei der freiwilligen Feuerwehr als Notfallsanitäterin. „Mich hat nicht das Löschen interessiert, sondern der direkte menschliche Kontakt, der in solchen Situationen entsteht. Das Aufbauen von Vertrauen, das Helfen, das Verständnis für das Gegenüber und das Einfühlungsvermögen, das man braucht.“ Oder aber, meint Dartigalongue, Physikerin wäre eine andere Alternative gewesen. „Dieses Fachgebiet hat mich stets interessiert – und mein Vater ist Mathematiker und Ingenieur.“ Die musikalische Begabung wiederum kam von ihrer Mutter, einer Gitarrenlehrerin, die ihr anfangs das eigene Instrument näherbrachte. Dann aber interessierte sich Dartigalongue für ein Orchesterinstrument, da ihr das soziale Gefüge in einem Klangkörper attraktiver schien. Es wurde die Klarinette, an Hand derer sie die richtige Atmung,Orchesterspiel und Phrasierung schulte, und ein paar Jahre darauf traf sie endlich auf ihre große Liebe: das Fagott. „Natürlich war es für lange Zeit ein Instrument der zweiten Reihe, erst jetzt wird es verstärkt solistisch wahrgenommen. Aber für mich zählte ohnedies das Gemeinsame im Orchesterspiel, das Miteinander. Ich finde, dass Musizieren ein Gefühl ist, das man teilen muss. Und das Zusammenspiel ist die schönste Form der Musik. Man bietet etwas an, man nimmt etwas an, und wenn es gut läuft, gehen alle in dieselbe Richtung.“ Wobei sie auch das Solistische schätzt, nur eben nicht als ausschließliche Form des Musizierens.

Der Weg führte die Fagottistin schließlich nach Berlin, wo sie zunächst Mitglied der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker und dann Philharmonikerin wurde. In dieser Zeit – vier Jahre – lernte sie die deutsche Sprache von Null auf perfekt. „Was hätte ich machen sollen?“, fragt sie. „Ich sprach kein Englisch. Ich musste also Deutsch lernen, um mich verständlich machen zu können.“ Die ersten Monate verbrachte Dartigalongue daher nur mit ihrem Fagott und einem Deutsch-Lehrbuch. Dieses Phänomen des abgeschotteten, praktisch ausschließlichen Studierens sollte sich übrigens wenig später wiederholen. Denn nach ihrem gewonnenen Probespiel ins Wiener Staatsopernorchester musste sie innerhalb kurzer Zeit das Opern-Repertoire anlernen. „Ich wusste, dass es schwer wird.Ich hatte zuvor ja fast keine Opern-Erfahrung, also lernte ich und lernte. Aber meine Kollegen haben mich extrem unterstützt: sie haben darauf geschaut, dass ich nicht alle schweren Opern aufeinmal lernen muss, dass ich mir die Arbeit ein wenig einteilen kann.“

Inzwischen ist mehr als ein Jahr vergangen und Sophie Dartigalongue hat sich in die Wiener Staatsoper eingelebt. „Ich wurde von allen vom ersten Moment an herzlich angenommen und habe mich sehr willkommen gefühlt“, blickt sie auf ihre ersten Wochen zurück. Auch hat sie Teile des besagten, großen Repertoires im Graben erprobt und kann nun schon, bei allfälligen Wiederholungen von Opern, viel entspannter an die Sache herangehen. Wobei ein gewisses Grundmaß an Stress ohnehin nicht hinderlich ist. „Eine kleine Anspannung haben ja alle“, verrät sie. „Und das gehört zum Beruf dazu. Bei mir jedenfalls klappt es zumeist besser, wenn ich ein wenig angespannt bin.“

Da sie nun beide großen Orchester – die Wiener und die Berliner Philharmoniker – auch aus der Innensicht gut kennt, kann sie die Unterschiede zwischen den Klangkörpern präzise beschreiben. „In Berlin sagt man: „Wir sind alle Solisten“. Das erzeugt einen ganz bestimmten Ton und eine ganz bestimmte Spannung. In Wien aber geht man klanglich vom Opernorchester aus. Das bedeutet, es geht immer um den Gesang, es geht ums Begleiten im Sinne eines Zuhörens, eines Mitmusizierens, eines Auf-den-anderen- Eingehens. Das ist faszinierend! Denn wenn jemand auf der Bühne etwas anbietet, dann reagiert das Orchester – und es reagiert auch auf die Musiker aus den eigenen Reihen. Wenn ich also ein Fagott-Solo spiele und eine zarte Farbe erzeuge, dann machen alle mit. Und zwar als Gruppe! Das finde ich sehr schön und jedes Mal auch sehr beeindruckend.

Zuletzt aber: Wie sieht es mit dem Wiener Klang aus? Gibt es ein Wiener Fagott, wie es eine Wiener Oboe oder ein Wiener Horn gibt? „Man muss grundsätzlich zwei „Systeme“ unterscheiden“, erzählt Dartigalongue. Das französische Basson und das deutsche Fagott. Das Basson wird ungefähr in der Hälfte von Frankreich gespielt, das Fagott überall sonst. Das sind zwar verwandte, aber dann doch unterschiedliche, vor allem auch unterschiedlich klingende Instrumente. Entweder man spielt das eine, oder das andere. Dazu kommt in Wien eine Besonderheit, die kein eigenes System darstellt, sondern nur eine spezielle Technik. Diese unterstützt das Pianospiel und man hat einen sehr feinen, warmen Klang mit etwas weniger Vibrato.“ Aber, und darauf legt Sophie Dartigalongue Wert, „es ist gut, dass diese Traditionen bestehen und auch gepflegt werden. Denn so sind die einzelnen Orchester im Klang charakteristischer, unterscheidbarer und haben mehr Eigenpersönlichkeit!“

Oliver Láng