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© Alexander Shapunov

CHARISMA & VISION

Valery Gergiev dirigiert die Wiederaufnahme von Tschaikowskis »Pique Dame«

Genau erinnere ich mich an ein Konzerterlebnis, das sich vor einigen Jahren in einem der großen Wiener Kulturtempel ereignete: Man spielte Igor Strawinskis Sacre du printemps, ein Werk, das viele Konzertbesucherinnen genau zu kennen meinen. Und dann das: Inmitten der bekannten Klänge erstreckte sich plötzlich ein geheimnisvolles, weites musikalisches Feld, das eine verblüffende interpretatorische Vieldimensionalität offenbarte. Singendes, Sentimentales, Kraftvolles, Feines, Rätselhaftes, alles neu zu entdecken. Am Pult? Valery Gergiev, jener große russische Maestro, den stets auch die Aura des Unerwarteten umgibt. Welcher Musikliebhaber hat nicht schon fasziniert seinen flatternden Fingern zugesehen, den schwebenden, bebenden Händen, dieser ungemein charakteristischen Dirigiertechnik? Wer staunte nicht über die Energien, die der Dirigent einem Orchester zu entlocken versteht? Um dann wieder ganz differenziert und fein zu arbeiten.

Im Haus am Ring war er bisher ein seltener Gast. Sein verhältnismäßig spätes Debüt fand am 26. Oktober 2004 mit einem Konzert für Österreich statt, in dem er mit den Wiener Philharmonikern unter anderem Ausschnitte aus Tschaikowskis Nussknacker und dessen 6. Symphonie spielte. Dann folgte eine lange Pause, erst 2019 kehrte er wieder und war nun endlich auch hier mit Wagners Parsifal als Operndirigent zu erleben. Im Jahr darauf erneut Wagner an der Staatsoper, diesmal Lohengrin. Alles in allem freilich nur sieben Termine, also keine große Ausbeute. Was aber auch mit dem enormen Arbeitspensum zu tun hat, das Gergiev international absolviert. Denn er ist nicht nur der bekannteste in Russland lebende Dirigent, der weltweit mit den wichtigen Orchestern gastiert, sondern auch Chef der Münchner Philharmoniker und – vor allem – Herr über ein gigantisches russisches Kulturimperium. In dessen Herzen das historische Marinski-Theater in St. Petersburg, in derselben Stadt eine zweite, neue Bühne (Marinski II) und ein moderner Konzertsaal. Und weil man schon beim Erweitern war, traten nach und nach Ableger hinzu: In Wladiwostok die Primorski-Bühne (die wiederum aus drei Sälen besteht), in Wladikawkas ein Opern-/Ballett-Haus sowie eine Konzertbühne und, dreieinhalbtausend Kilometer von Moskau entfernt, im sibirischen Kemerowo ein auch architektonisch beeindruckendes Kulturzentrum, geplant vom österreichischen Architekturbüro Coop Himmelb(l)au. Kein Wunder, dass Gergiev sich in puncto Interviews rarmacht und stattdessen auf seine eigentliche, die musikalische, Arbeit konzentriert. Und um den sinnvollen Einsatz seiner Management-Qualitäten. Denn gerade als mächtigster Kulturmacher Russlands verwendet er seine Energie nicht nur darauf, Musik zu machen, sondern Musik auch zu organisieren und kanalisieren: Kostenlose Aufführungen für Kinder und Jugendliche oder jene, die sich den Besuch nicht leisten können, Tourneen quer durch das Land, Förderprojekte, Gratiskonzerte mit Stars, all das, was heute unter das Schlagwort Audience Development fällt, gehört zu diesen großangelegten Unternehmungen. Diese sollen dazu führen, möglichst Vielen, auch in geografisch entlegenen Orten, einen Zugang zu Musik auf höchstem Niveau zu ermöglichen. Doch ebenso wichtig ist ihm die Förderung russischer Komponisten, deren Pflege er als seine ureigenste Aufgabe ansieht und für die er eigene Festivals plant. Wie passend also, dass dieser große russische Dirigent nun erstmals mit einem der zentralen Werke der russischen Opernliteratur, mit Tschaikowskis Pique Dame, im Haus am Ring zu erleben sein wird, ein Werk, das er am 21. Jänner zur Wiederaufnahme bringt. Und wer weiß: Vielleicht auch mit neuen Hörentdeckungen, wie bei der anfangs erwähnten Sacre-Interpretation.

Karten »Pique Dame«