Kreationen – das Repertoire von morgen?

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Die Choreograph*innen Martin Chaix, Alessandra Corti und Louis Stiens im Gespräch mit Ballettdirektor Martin Schläpfer.

Zum Tanzpodium

Über ak­tu­el­le The­men, die den Tanz be­tref­fen, ha­ben wir in den ver­gan­ge­nen Jah­ren in der Rei­he Tanz­po­di­um mit Cho­reo­gra­phin­nen und Tän­zerin­nen, Tanz­schaf­fen­den an­de­rer In­sti­tu­tio­nen, Wis­sen­schaft­lerin­nen, Kom­po­nistin­nen oder Jour­na­list*in­nen dis­ku­tiert.
Am 10. Mai fin­det um 15 Uhr im Gus­tav-Mah­ler Saal das von Bal­lett­di­rek­tor Mar­tin Schläp­fer und sei­nem Team in­iti­ier­te Ge­sprächs­for­mat nun sei­nen Ab­schluss mit einem zen­tra­len The­ma: Die Rol­le von Kre­a­ti­on für das Re­per­toire und die künst­le­ri­sche For­mung eines En­sem­bles.

»Kre­a­ti­on heißt, zu er­le­ben, wo der Tanz heu­te steht, was ge­gen­wär­ti­ge Künst­ler um­treibt.
Von den Tän­zer*in­nen er­for­dert Kre­a­ti­on den Mut, in ein Ter­rain hin­ein­zu­ge­hen, das nicht von vor­ne­her­ein de­fi­niert ist«, er­läu­tert Mar­tin Schläp­fer – und ist über­zeugt: »Kre­a­ti­on ist eine Grund­vor­aus­set­zung, dass die dar­stel­len­den Küns­te am Le­ben und re­le­vant für un­se­re Ge­sell­schaft blei­ben.«

Ins­ge­samt zehn neue Wer­ke – für die Spiel­plä­ne in der Wie­ner Staats­oper und der Volks­oper Wien, die Ju­gend­kom­pa­nie der Bal­lett­aka­de­mie sowie den Wie­ner Opern­ball – hat Mar­tin Schläp­fer in den ver­gan­ge­nen fünf Jah­ren als Chef­cho­reo­graph des Wie­ner Staats­bal­letts ge­schaf­fen und als Gäs­te Alexei Rat­man­sky, Mar­co Goecke, An­drey Kay­da­novs­kiy, An­dre­as Hei­se und Adi Ha­nan für neue Cho­reo­gra­phien ge­win­nen kön­nen – eine Se­rie, die mit der Pre­mie­re Kre­a­tio­nen am 14. Juni in der Volks­oper Wien mit drei Urauf­füh­run­gen – dar­un­ter auch ein im Auf­trag des Wie­ner Staats­bal­lett ent­stan­de­nes mu­si­ka­li­sches Werk der schwe­di­schen Kom­po­nis­tin Lisa Streich – ih­ren Ab­schluss fin­det.

Im Tanz­po­di­um Kre­a­tio­nen – das Re­per­toire von mor­gen? dis­ku­tie­ren die drei Cho­reo­gra­ph*in­nen des Pro­gramms Mar­tin Chaix, Ales­sand­ra Cor­ti und Louis Stiens zu­sam­men mit Mar­tin Schläp­fer über die Be­deu­tung krea­ti­ver Pro­zes­se für ein En­sem­ble, die Si­che­rung einer Bal­lett­kunst für die Ge­gen­wart durch neue Wer­ke sowie ak­tu­el­le Stof­fe, Äs­the­ti­ken und Kör­per­bil­der auf der Bal­lett­büh­ne.

»Für mich ist Cho­reo­gra­phie ein kol­la­bo­ra­ti­ver Pro­zess, die Do­ku­men­ta­ti­on einer Rei­se, ein fort­wäh­ren­der Akt der Ent­schei­dungs­fin­dung und Pro­blem­lö­sung.
Cho­reo­gra­phie be­inhal­tet Über­set­zung, Trans­for­ma­ti­on und Re­cher­che, aber vor allem das Er­zäh­len von Ge­schich­ten.
Ich sehe Cho­reo­gra­phie als eine Mög­lich­keit, die Ver­bin­dung zwi­schen der Ge­schich­ten­er­zäh­le­rin und dem Zu­hö­rer zu fei­ern – die­sen ma­gi­schen Mo­ment, wenn eine Künst­ler*in die Büh­ne be­tritt und etwas zu er­zäh­len hat und je­mand im Pu­bli­kum sitzt und zu­hö­ren möch­te.«

»Cho­reo­gra­phie ist die Kunst der Or­ga­ni­sa­ti­on – von Si­tua­tio­nen bis hin zu emo­tio­na­len Zu­stän­den.
Sie ist ein Spiel zwi­schen Form und Auf­lö­sung.
In mei­ner Ar­beit ver­bin­de ich das Den­ken mit In­tui­ti­on – der Kopf trifft auf das Herz.«

»Cho­reo­gra­phie ist für mich der räum­li­che und kör­per­li­che Aus­druck mensch­li­cher und ge­sell­schaft­li­cher Im­pul­se.
Eine cho­reo­gra­phi­sche Ar­beit macht die Mu­sik, die Emo­tio­nen, die die Pro­ta­go­nis­t*in­nen ei­ner Ge­schich­te durch­strö­men, die Dy­na­mik ei­ner Be­we­gung und die kol­lek­ti­ve En­er­gie ei­nes En­sem­bles spür­bar.
Durch den Kör­per wird das Cha­os zu poe­ti­schem Ma­te­ri­al und die Kom­ple­xi­tät ei­ner Emo­ti­on oder ei­nes Ge­dan­kens, der ei­ner Hand­lung zu­grun­de liegt, nimmt Ge­stalt an, um un­se­re tie­fen Wün­sche und in­tims­ten Sehn­süch­te her­vor­zu­ru­fen.«