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Über "Orlando", eine fiktive musikalische Biografie

Die Kunstform der Oper kann belegen, wie sie es über Jahrhunderte getan hat, dass sie lebendig und kühn sein kann und: beständig. Auch das repräsentiert die Geschichte von Orlando für mich mit dem Gang der Hauptfigur durch die Jahrhunderte, in denen Virginia Woolf die Änderungen der Politik, der Umgangsformen, der gesellschaftlichen Zwänge und der Literatur beschrieb und auch kritisierte. Oper als eine unzeitgemäße zeitgemäße Kunstform, die auf zeitgenössische soziale, philosophische und politische Fragen reagiert, um in einer künstlich-klanglichen Art und Weise auf die Umwelt zu reagieren.
In jeder der 19 Szenen wird jede einzelne Situation in die Waagschale der Musik geworfen, dennoch soll alles eher sowohl leicht, leuchtend und verstörend sein. Schmerzgeladen, fragil, fremd und schön.
Orlando, eine fiktive musikalische Biografie ist vielleicht mein Opus summum. Es ist aus mehreren, unterschiedlichen, klanglich heterogenen Zuständen (u.a. voller gefälschter und echter Zitate durch die Herrlichkeit der Musikgeschichte pflügend) gebaut. Es erzählt aus unzähligen Perspektiven die Geschichte eines rastlosen Freigeists, der sich gegen Stereotypien, gegen menschgemachte Normen, und für Freiheit, Gleichheit und Emanzipation einsetzt. Ich wollte mit Orlando ein Gattung sprengendes Werk komponieren, um damit auf die unverhandelbare Freiheit des Individuums hinzuweisen.
Wie die Figur Orlando von Virginia Woolf, glaube ich, dass Kunst, in meinem Fall die Musik, nicht nur emotional, ästhetisch und intellektuell die Sinne stimulieren kann, sondern auch Verbindung zu andern Menschen aufbauen kann. Aber man darf nie vergessen, dass eine Oper immer nur als eine klanglich und verbal verfehlbare Wirklichkeit zurückbleibt. Denn Wirklichkeit kann nicht auf die Opernbühne gebracht werden. Das, was mich, beziehungsweise bestimmt auch Virginia Woolf, an Orlando interessiert, ist, dass Kunst einen freien, großen überraschenden Raum kreieren kann, in dem Fragen gestellt werden können, dass sie eine Falte im Alltagsraum wirft, eine sprudelnde Freiheit des Geistes, die die Basis jeder Demokratie ist.

Orlando schreibt zuerst als junger Mann, blumige Naturbeschreibungen und Liebesbriefe. Wie Pessoa einmal meinte: „Alle Liebesbriefe sind lächerlich, ... letztlich jedoch sind nur die Leute, die niemals Liebesbriefe geschrieben haben, lächerlich.“ Als Frau sucht sie hingegen immer mehr ihre eigene Stimme, sie schreibt nach der Metamorphose, der Konvention trotzend, die immer brave, dankbare und immer unterwürfige Frau zu geben, immer stärker an gegen die stillschweigend vorausgesetzten Konventionen, die die Frau über Jahrhunderte in der Gesellschaft zu spielen hatte, beziehungsweise noch immer hat. Sie schreibt an gegen das Diktat einer realistischen, einheitlichen Norm, auch der Norm einer einzigen Identität, also gegen das Einzwängen in die Laufrichtung eines einzigen Geschlechts. Ihre Kunst, das Schreiben, wird zum Medium ihrer Selbstbestimmung. Sie schreibt auch, um sich nicht einschüchtern zu las- sen, um an einer nicht-solidarischen Gesellschaft nicht zu zerbrechen, aber auch um das Vorgekaute links liegen und und sich nicht einschüchtern zu lassen durch Populismus und menschenverachtende Ideologien.


ORLANDO
Oper in 19 Bildern | Auftragswerk der Wiener Staatsoper
Musik: Olga Neuwirth | Libretto: Catherine Filloux und Olga Neuwirth

Dirigent: Matthias Pintscher
Regie: Polly Graham
Video: Will Duke
Kostüme: Comme des Garçons
Haarkreationen: Julien D’ys
Bühnenbild: Roy Spahn; Licht: Ulrich Schneider; Akustik: Markus Noisternig;
Bewegungsregie: Jenny Ogilvie; Regieassistenz: Andrew Bewley; Dramaturgie: Helga Utz

Orlando: Kate Lindsey
Narrator: Anna Clementi
(Guardian) Angel: Eric Jurenas
Queen/Purity/Friend of Orlando’s child: Constance Hauman
Sasha/Chastity: Agneta Eichenholz
Shelmerdine/Greene: Leigh Melrose
Orlando’s child: Justin Vivian Bond

Einführungsmatinee: 24. November 2019
Uraufführung: 8. Dezember 2019
Reprisen: 11., 14., 18., 20. Dezember 2019

Kompositionsauftrag der Wiener Staatsoper gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung

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