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© Ashley Taylor
Empörungschor, Ensemble „Der Letzte Tag“
© Florian Gebauer
Krysztina Winkel bei einer Probe im Kulturhaus Brotfabrik
© Ashley Taylor
Szene aus „Der Letzte Tag“, Jugendstück des „Opernlabors“
© Ashley Taylor
Szene aus „Der Letzte Tag“, Jugendstück des „Opernlabors“
© Ashley Taylor
Szene aus „Der Letzte Tag“, Jugendstück des „Opernlabors“
© Ashley Taylor
Ensemble in einer Endprobe im Ankersaal im Kulturhaus Brotfabrik

Über das Empören und (Zu)Hören!

Krysztina Winkel (Vermittlung & Outreach) über das Jugendstück „Der Letzte Tag“ und die partizipative Arbeit an der Wiener Staatsoper

Wir kamen gerade mit dem Ensemble aus Ausstellung Utopien und Apokalypsen im Literaturmuseum, als unser Ensemblemitglied Fini sagte, dass sie Stephane Hessels Streitschrift Empört euch! inspiriert hat. Und zack, da war es: Das Wort, das auf einmal die ganze Energie zusammenfasste, die uns das Ensemble in den ersten Proben in Bezug auf ihr Gefühl zur Welt gesendet hatte: Empörung! Und Ohnmacht: „Wir machen ja dies und das, aber was sollen wir denn tun, wenn keiner zuhört, viele nur an sich denken und sich im System nichts ändert?“ Doch wie gibt man diesem Gefühl einen künstlerischen Raum, wenn man ein Stück über Utopien und Dystopien entwickeln möchte, welches das Publikum nicht nur wütend machen, sondern auch zum Lachen, Weinen und Mitfühlen bringen will? 


Eine Erzählform finden

Utopien und Dystopien spielen gewöhnlich in einer anderen Zeit und/oder an einem anderen Ort, erklärte uns die Kuratorin der Museumsausstellung, Katharina Manojlovic. Also schlug ich vor: „Lass uns das doch einmal weiterspielen: Was passiert in der Zukunft, wenn die Empörung auch weiterhin nicht gehört wird?“ Das Ensemble improvisierte, und schnell wurde klar: „Den Bach geht’s dann runter“. Und so entstand die Idee: Unser Stück spielt am letzten Tag, wenn alles zu spät ist. Eine Dystopie also. Aber – auch das haben wir bei unserem Ausstellungsbesuch gelernt – eine Apokalypse kann auch der Beginn von etwas Neuem und Besserem sein.

So divers wie das Ensemble ist, so verschieden sind auch die individuellen dystopischen Zukunftsvisionen: Eskalation der Klimakrise, totaler Verlust des Miteinanders, ein „dunkles Wertesystem“ basierend auf Egoismus, Fake-Realities, Narzissmus, Leistungsdruck und Machtmissbrauch, kein Enden wollen von Diskriminierung und Rassismus. Wichtig war deshalb, eine Erzählform zu finden, die nicht nur eine Geschichte erlaubt, sondern viele kleine Episoden, in denen sich zeigt, was anders laufen könnte und sollte. Durchs dystopische Gegenteil kann also auch von Hoffnung erzählt werden – nicht von utopischer Hoffnung, sondern von ganz konkreter.


Warum ist uns das wichtig?

Die wahnsinnige Energie, die uns die Gruppe seit Projektstart vergangenen Oktober gesendet hat, ist unbeschreiblich. Alle 17 haben so viel zu sagen! Das „etwas sagen und ausdrücken wollen“ war auch die einzige „Bedingung“ im Anfang der Saison 20/21 neugegründeten Opernlabor mitzumachen. Hier geht es darum das Genre Oper, aber auch unser Haus, die Wiener Staatsoper, durch selbststätige kreative Auseinandersetzung und Begegnung mit Künstler*innen kennen zu lernen. Ein offener geschützter Raum, in dem Jugendliche und junge Erwachsene sich fragen können: Hey ist das vielleicht etwas für mich? Was verbirgt sich noch hinter einem Stück oder gar in mir selbst? - In die Oper gehen, darüber sprechen, selber texten, musizieren, performen.

In den partizipativen Outreach-Formaten der Wiener Staatsoper ist es uns ein Anliegen, dass jede*r willkommen ist. Mitzubringen ist nur ein der Wille, sich auf etwas Neues einzulassen und auf der „Experimentierwiese des Musiktheaters“ für etwas die Stimme zu erheben: das kann ein Unbehagen, eine Vision, ein Wunsch, eine kreative Fiktion sein. Gemeinsame Rollenentwicklung und miteinander Schauspielern, sich Vertrauen und Begegnen, das ist auch ohne Pandemie kein Kinderspiel. Nur per Videokonferenz und dann nur mit Maske ist es richtig schwierig. Doch nichts hat die Jugendlichen gebremst, sich immer wieder neu zuzuhören, miteinander zu verhandeln, zu schreiben, zu komponieren, im Gewusel des Probenraums ihre Stimme zu finden und bemerkbar zu machen. Dass die Staatsoper jetzt ein junges Ensemble hat, machten die Jugendlichen selbst beim gemeinsamen Vorstellungsbesuch im Haus am Ring klar, als sie sich nicht nehmen ließen, einige ihrer Chöre auf der Feststiege und später auf dem Balkon zu schmettern (sorry lieber Publikumsdienst).
 

#utopera

Beim Reden über Dystopien und Utopien nicht emotional oder politisch zu werden ist schwer. Ich kann daher nicht anders, als kurz die Chance zu ergreifen zu teilen, wie unfassbar stolz ich auf die jungen Menschen bin, wie viel Respekt ich vor jedem Einzelnem habe und dass ich trotz allem weniger Sorgen um die Zukunft habe, wenn so viel Energie, Lust, Verlässlichkeit, Kreativität, Mut, Gerechtigkeitssinn, Musikalität und Theatralität da draußen um uns ist. Ich bin dankbar und stolz, dass unser Haus, die Wiener Staatsoper, Superar sowie die ermutigenden und großzügigen Unterstützer*innen dieses Projektes diese so wichtigen kreativen Begegnungsorte fördern und den Jugendlichen und jungen Erwachsenen somit Raum für ihre Empörung und Ideen eröffnen und weiter noch: diese, unterstützt von Profis der wie dem Bühnenorchester der Wiener Staatsoper, vor einem Live-Publikum teilen zu dürfen.

Dass auf Empören, Hören und Handeln folgen muss, ist klar. Die Gründung eines Opernclubs ist natürlich lange nicht genug. Es braucht Leute, die unserem Ensemble zuhören und danach handeln. #utopera.


Der Letzte Tag

Musiktheater-Performance
Eine Kooperation der Wiener Staatsoper und Superar

Projektleitung und Inszenierung: Krysztina Winkel
Musikalische Leitung: Johannes Mertl

Musikalische Gestaltung: Andy Icochea Icochea
Kostüme: Mahshad Safei
 

Premiere: 11. Juni 2021. Hier geht es zu den kostenlosen Tickets: Tickets