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© Wiener Staatsballett/Dimo Dimov
Liudmila Konovalova in »Don Quixote«
© Andreas Jakwerth
Liudmila Konovalova
© Andreas Jakwerth
Eno Peci
© Andreas Jakwerth
Gaia Fredianelli

» … der Tanz wählte mich.«

ZU RUDOLF NUREJEWS 85. GEBURTSTAG

Heute, am 17. März 2023, wäre Rudolf Nurejew 85 Jahre alt geworden. Seine sich wie ein Hollywood-Film lesende Biographie, aber vor allem sein brillantes Künstlertum, die unabdingbare Tanzwucht und -sucht sowie seine tänzerische Raffinesse und Ausdruckskraft machten ihn zum wichtigsten Tänzer des 20. Jahrhunderts. Mit Wien verband Nurejew eine intensive Beziehung, als »Liebe auf den ersten Blick« bezeichnete er seine Verbundenheit zu der Stadt. Nachdem sein erster Auftritt im Westen bei den Weltjugendfestspielen den Direktoren der großen Wiener Häuser entgangen war, tanzte er später mehr als 100 Vorstellungen mit dem Ballett der Wiener Staatsoper. Seine legendären Wiener Choreographien und Inszenierungen von Schwanensee und Don Quixote (Wiederaufnahme am 28. Juni) sind bis heute wichtige Eckpfeiler des Repertoires des Wiener Staatsballetts. 1982 folgte die österreichische Staatsbürgerschaft.

Nurejews Schaffen wirkt bis in das Jetzt tief und lebt in der Auseinandersetzung der heutigen Tänzer*innen-Generation mit seinem Erbe weiter. Das Ensemble des Wiener Staatsballetts pflegt im Studium und Tanzen seiner Werke eine lebendige Beziehung zu dem Startänzer und -choreographen. Welchen Einfluss Nurejew auf die Compagnie hat und welchen Herausforderungen man begegnet, wenn man seine Choreographien tanzt, erläutern die Erste Solotänzerin Liudmila Konovalova, Solist Eno Peci und Corps de ballet Tänzerin Gaia Fredianelli.

Liudmila Konovalova

Rudolf Nurejew ist für mich ein absolutes Vorbild und Idol. Sein unbändiger Wunsch zu tanzen, zu wachsen und zu lernen, sein Wille und natürlich seine Liebe zu seinem Beruf, seine Einstellung und Leistung und sein fantastisches Charisma haben mich immer begeistert und motiviert! Vor allem die Tatsache, dass er nie aufgegeben und immer bis zum Ende gekämpft hat. Er ist als Tänzer aufgewachsen und hat sich unter sehr schwierigen Umständen einen Namen gemacht. Allein ihn in den Aufzeichnungen anzuschauen, wie er auf der Bühne stand oder ging, seine Verbeugungen …, ist unglaublich.

Ich liebe es, seine Choreographien zu tanzen und an ihnen zu arbeiten. Meiner Meinung nach sind sie die Schwierigsten im Ballettrepertoire. Bei der Arbeit an seinen Balletten habe ich das Gefühl, dass ich mich entwickle und wachse, der Körper verwandelt sich in eine sehr schöne Form. Es ist unmöglich, seine Choreographien zu tanzen, ohne jeden einzelnen Schritt zu üben, und manchmal kostet das Üben sehr viel Zeit. Aber das ist es, was mich auf die nächste Stufe bringt, zu einer besseren Tänzerin macht. Man wird stärker, ein zweiter und manchmal ein dritter Atem öffnet sich, wenn man seine Ballette tanzt. Und das Wichtigste und Schwierigste ist, in der Lage zu sein, mit seinen Bewegungen und komplexen technischen Elementen eine Geschichte auf der Bühne zu erzählen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist Rudolf Nurejew selbst! Er konnte immer eine Geschichte erzählen und das Publikum mit seiner Kunst bewegen und verblüffen.

Eno Peci

Rudolf Nurejew war einzigartig für seine Zeit. Er hatte einen Biss und eine unglaubliche Bühnenpräsenz, er war ein richtiges Tier. Seine Choreographien haben einen besonderen Stellenwert im Repertoire. Sie sind schwer und anspruchsvoll, man leidet immer ein bisschen, wenn man seine Werke tanzt. Nurejews Choreographien haben zudem eine eigene Musikalität: Oftmals ging er ein bisschen über die Musik hinweg, wodurch er mehr Schrittmaterial in die Choreographien einbauen konnte. Auf den ersten Blick scheint dies vielleicht nicht musikalisch, ist aber doch sehr überlegt. Er hat damals schon gewusst, dass man auch mit der Musik spielen muss. Dieses besondere Timing ist für uns Tänzer*innen schwierig zu erarbeiten. Wenn man das nicht schafft, ist es im Visuellen nicht organisch, aber wenn es funktioniert, dann entsteht ein besonderer Moment auf der Bühne.

Nurejew hat die Männer nie hinter die Frauen, sondern sie gleichgestellt. Selbst beim Partnering – man hebt nicht nur eine Tänzerin, sondern tanzt auch gleichzeitig mit. Auch wenn die Aufmerksamkeit auf der Frau liegt, ist es wichtig, im Hintergrund ebenso die Rolle zu verkörpern. Das hat Nurejew umgesetzt. Auch hat er die männlichen Variationen ausgebaut.

Abderachman in seiner Raymonda war für mich eine wichtige Rolle. Die Schritte und Rhythmen sind sehr kompliziert, Elemente der Folklore werden mit einer klassischen Technik verbunden, außerdem ist es eine Charakterrolle. Espada in Don Quixote ist ebenso ein großartiger Part, der in seiner Version sehr aufgewertet ist. Es gibt ein anspruchsvolles Solo, in welchem man mit dem Kostüm, einem Cape, tanzen muss – Pirouetten, Double Tours, etc.

Gaia Fredianelli

Nurejew ist eine große Inspiration für mich. Ich schaue mir immer gerne alte Aufnahmen von seinen Vorstellungen an. Zu meinen Favoriten gehören Giselle und Don Quixote. Er war nicht nur ein toller Tänzer, sondern auch ein großartiger Darsteller. Seine Ausstrahlung war so fesselnd, dass er eine leere Bühne mit seiner Präsenz füllen konnte. Auch wenn er einer älteren Generation angehört, sind seine Auftritte zeitlos, weil die Energie, die er übertragen konnte, zeitlos ist. Ich bewundere seine harte Arbeit, Hingabe und Leidenschaft, die ihn zum meistbeachteten Tänzer aller Zeiten gemacht haben.

Es ist ein Geschenk, in seinen Balletten tanzen zu dürfen, da alle, ob im Ensemble oder als Solist*in, vor viele Herausforderungen gestellt werden. Zum Beispiel im Schwanensee. Ich habe letztes Jahr im Corps de ballet getanzt. Eine der größten Herausforderungen war die eigene Ausdauer, denn man tanzt vier Akte lang. Nurejews choreographischer Stil zeichnet sich durch eine akribische Fußarbeit, sehr präzise Formationen und eine besondere Neigung des Körpers und der Armhaltung bei der Darstellung eines Schwans aus. Sein Schwanensee hat einen besonderen Platz in meinem Herzen, nicht nur, weil ich nun zum ersten Mal eines seiner Werke getanzt habe, sondern auch, weil seine Choreographie mit Hilfe von Tschaikowskis Musik die Fähigkeit hat, Emotionen zu vermitteln und sowohl die Tänzer*innen als auch das Publikum auf eine sehr tiefe Weise zu berühren, was meiner Meinung nach die wahre Essenz dieser schönen Kunst ist.