Über das Puppenspiel
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In der aktuellen »Fidelio«-Produktion kommen auch Puppen zum Einsatz. Leonore und Florestan werden gedoppelt – beziehungsweise aufgespalten. Warum macht das die Produktion reicher und klarer?
Eine Puppe ist immer wahrhaftig. Sie spielt keine Rolle, sondern sie ist die Rolle, die wir ihr zuschreiben. Dadurch kann sie absolut überzeugend sein, ohne jede persönliche Schranke. Wenn also eine Puppe stirbt, dann stirbt sie besser als jede Schauspielerin oder jeder Sänger. Denn die Darsteller stehen wieder auf, verbeugen sich, schwitzen. Eine Puppe, die von der Spielerin gelöst ist, ist tot. Und das mit einer solchen Wirkungskraft, dass es einem schier das Herz brechen kann. Vielleicht können Puppen manches an Mimik nicht zeigen, sie lösen aber die entsprechenden Emotionen und Gedanken bei den Zuschauern aus. Das Publikum komplettiert also, was wir spielen. Denn: Puppen sind gewaltige Projektionsflächen. Das setzt voraus, dass sie nicht nur gut gespielt, sondern auch gut gebaut sein müssen, vergleichbar mit einem Musikinstrument.
Eine Puppe gibt uns die Möglichkeit, die Innen- und Außenwelt einer Figur zu zeigen – und diese liegen gerade bei der Leonore extrem weit auseinander. Wir haben eine verzweifelte Frau vor uns, die innerlich zerrissen ist: Sie sucht ihren Mann, muss aber ihre Emotionalität unterdrücken, sich verkleiden und nach außen etwas anderes darstellen – nämlich Fidelio. Die Innenwelt, die Seele: das ist die Sängerin. Das, was die Figur nach außen zeigen muss: das ist die Puppe. Diese Ebenen können sich trennen, voneinander entfernen. Beide Schichten sind über die Musik und den Text erfahrbar, für gewöhnlich aber auf der Bühne nicht sichtbar. In unserer Produktion aber hören wir nicht nur die Innen- und Außenwelt, wir können sie auch sehen.
Manuela Linshalm ist Schauspielerin und Puppenspielerin und wird in der Neuproduktion die Leonore-Puppe spielen.
»Puppen sind gewaltige Projektionsflächen. Das setzt voraus, dass sie nicht nur gut gespielt, sondern auch gut gebaut sein müssen, vergleichbar mit einem Musikinstrument.«