Frische Energie und Bewegung
Ballett |

Eine neue künstlerische Leitung bringt stets Veränderungen im Ensemble mit sich – im Musik- oder Sprechtheater ebenso wie im Ballett. So ging auch die Berufung von Alessandra Ferri zur Ballettdirektorin des Wiener Staatsballetts per 1. September 2025 mit zahlreichen Neuzugängen bei den Tänzerinnen und Tänzern einher.
Umstrukturierungen innerhalb einer Compagnie sind stets mit großen Emotionen und Erwartungen verbunden, zugleich aber auch mit frischer Energie und Bewegung. Größere personelle Änderungen bei einem Direktionswechsel werden von außen nicht selten kritisch beäugt. In der Sparte Kunst, in diesem Fall beim Ballett, sind mehrere Aspekte zu beachten. Zunächst hat jede Führungskraft eine künstlerische Vision vom Profil eines Ensembles, das sich einerseits im Spielplan zeigt, andererseits eben in den Ausführenden. Es müssen geeignete Tänzer*innen gefunden werden, die wiederum zur Wahl bestimmter Stücke inspirieren können. Hierbei geht es nicht immer nach objektiven, messbaren Kriterien, ist Ballett doch eine Kunstform und kein Sport – wenngleich die Grenzen nahezu verschwimmen, betrachtet man die körperlichen Höchstleistungen, die vollbracht werden müssen. Eine exzellente Technik und Beherrschung der danse dʼécole ist für klassische Balletttänzer*innen Voraussetzung. Doch sind diese in erster Linie Künstler*innen, und dieser Aspekt – dazu zählen Charisma und seelenvolle Interpretationen mehr als absolute Perfektion – ist Alessandra Ferri besonders wichtig.
Gerne zitiert sie daher den großen Meister des neoklassischen Balletts George Balanchine:
»I don’t want people who want to dance, I want people who have to dance.«

Es geht darum, dass Tänzer*innen eine innere Notwendigkeit und Berufung verspüren, zu tanzen – dies mit Herz und einer tiefen Hingabe, anstatt es »nur« aus Leidenschaft oder Wunsch zu tun. Danach strebt auch Alessandra Ferri: »Ich bin bewegt, wenn ich Authentizität in einer Person sehe, es dieser gelingt, sich mit ihrem Inneren zu verbinden und diese keine Angst hat, ihre Seele zu öffnen.«
Neben der eigenen künstlerischen Linie, einem gewissen Stil, den man verfolgt, und manchmal auch dem bewussten Bruch vorhandener Strukturen, um Stillstand zu vermeiden, braucht es natürlicherweise von Zeit zu Zeit auch einen Generationswechsel. Gerade die Karriere von Tänzer*innen ist oft kurz. Der Körper ist ihr Instrument und großen Belastungen, mitunter auch Verletzungen, ausgesetzt.
In jedem Fall bringt ein gelegentlicher Wechsel in einer Compagnie frischen Wind mit sich; die arrivierten und neuen Mitglieder inspirieren und bereichern sich idealerweise gegenseitig, und dies kann zu einem neuen »Spirit« führen, den man beim Wiener Staatsballett bereits zu spüren vermag. Nicht zuletzt sind neue Gesichter und Besetzungen auch für das Publikum interessant.
So hat Alessandra Ferri neben den bereits bewährten Tänzer*innen des Wiener Staatsballetts eine der besten internationalen Künstler*innen für die Compagnie gewinnen können und eine äußerst diverse Truppe auf höchstem künstlerischem und technischem Niveau zusammengestellt. Sie kommen aus vielen Ländern der Welt – von Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien und Portugal, über Polen, Litauen und die Ukraine bis nach Brasilien, Neuseeland, Japan und den USA. Sie tanzten in renommierten Ballettcompagnien wie dem Hamburg Ballett, Bayerischen Staatsballett, Aalto Ballett Essen, Semperoper Ballett Dresden, Slowakischen Nationalballett, Het Nationale Ballet Amsterdam, Königlich Schwedischen Ballett, Béjart Ballet Lausanne sowie dem Ballett des Teatro alla Scala und des Mariinski-Theaters, um nur einige zu nennen.
Manche von ihnen sind in Wien nicht unbekannt. Viele konnten bereits im September in Giselle ihren erfolgreichen Einstand feiern (siehe Fotos), andere folgen mit ihren (Haus-)Debüts in der kommenden Ballettpremiere von Kallirhoe.
An der Spitze bereichern als Erste Solotänzerinnen Laura Fernandez Gromova, Cassandra Trenary und Madison Young – die bereits von 2017 bis 2019 dem Wiener Staatsballett angehörte und hier bald zur Solotänzerin aufstieg – das Ensemble. Victor Caixeta, António Casalinho, Alessandro Frola und Kentaro Mitsumori verstärken die Ersten Solotänzer.
Zu den neuen Solotänzer*innen zählen Margarita Fernandes und Rosa Pierro – letztere stand bereits 2015/16 als Mitglied der Jugendkompanie der Ballettakademie der Wiener Staatsoper auf der Bühne im Haus am Ring – sowie Vladyslav Bosenko.
Als Halbsolisten wurden Alessandro Cavallo und Rinaldo Venuti – der seine Ausbildung unter anderem an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper erhielt – engagiert.
Ins Corps de ballet des Wiener Staatsballetts wurden aufgenommen: Francesca Cesaro, Chloe Colter, Milda Luckuté, Alice McArthur, Yo Nakajima und Lars Philipp Gramlich. Aus der Ballettakademie bzw. der Jugendkompanie der Wiener Staatsoper erhielten Ariel Daley, Lena Dobija, Alex Martelli und Laurids Seidel einen Vertrag ins Ensemble.
Ein herzliches Willkommen an alle neuen Mitglieder sowie viele unvergessliche Bühnenmomente!