Jiří Kylián

Jiří Kylián erhielt seine Ausbildung an der Ballettschule des Nationaltheaters und am Konservatorium seiner Heimatstadt Prag. Ein Stipendium ermöglichte ihm nicht nur den Besuch der Londoner Royal Ballet School, sondern brachte ihn auch mit John Cranko zusammen, der ihn ins Stuttgarter Ballett engagierte und bestärkte, auch choreographisch zu arbeiten. 1973 entstand mit »Viewers« Kylians erste Choreographie für das Nederlands Dans Theater. Nach zwei Jahren als Gastchoreograph wurde er Co-Direktor und übernahm 1978 die Künstlerische Leitung des Ensembles. Mit »Sinfonietta« beim Festival of Two Worlds in Charleston und »Symphony of Psalms« für das NDT feierte er noch im gleichen Jahr große Erfolge. Darüber hinaus etablierte er eine außergewöhnliche Ensemblestruktur, die mit dem NDT 1, 2 und 3 drei Tänzergenerationen von 17 bis 70 Jahren umfasste. Choreographen aus der ganzen Welt kamen, um mit der Seniorcompagnie zu arbeiten, bevor sie 2006 aus Kostengründen aufgelöst werden musste.
Mit den »Black and White«-Choreographien nahmen Kyliáns Werke ab Mitte der 1980er-Jahre einen abstrakteren, surrealistischen Charakter an. Einflüsse durch die Kulturen Asiens und der australischen Aborigines zeigen seine große Experimentierfreude und Offenheit.
Auch nach Beendigung seiner Position als Künstlerischer Leiter des NDT arbeitete Jiří KyIián mit dem Ensemble weiterhin als Berater (bis 2007) und Hauschoreograph (bis 2009) zusammen. 2006 entstand mit Boris Paval Conen auf einer tschechischen Kohlemine der Film »CAR-MEN«. 2009 arbeiteten Kylián und Conen erneut bei der choreographischen Inszenierung »Zugvögel« am Bayerischen Staatsballett zusammen. Bis heute hat Kylián über 100 Werke für das NDT und Compagnien wie das Stuttgarter Ballett, Ballet de l‘Opéra de Paris, Bayerische Staatsballett München und Tokyo Ballet geschaffen.
2008 verlieh ihm Königin Beatrix mit dem Oranier-Orden die höchste königliche Ehrung der Niederlande – nur eine der unzähligen Auszeichnungen, die Jiří Kylián im Laufe seiner Karriere erhielt, darunter der Prix Benois de la Danse 1998, Westend Theatre Award der Stadt London, Herald Arcangel Award 2000 sowie der Positano Premia La Danza Leonide Massine Award 2017 für sein Lebenswerk. 2000 gewannen Jiři KyIián und das NDT außerdem drei Nijinsky-Preise. Die Juilliard School New York verlieh ihm einen Doktor Honoris causa, der Präsident der Tschechischen Republik die Ehrenmedaille. 2019 wurde er zum Mitglied der Académie des Beaux Arts in Paris ernannt.
An der Wiener Staatsoper bildeten die Werke Kyliáns bereits in den 1980er Jahren einen Schwerpunkt mit Aufführungen von »Sinfonie in D«, »Wiegenlied«, »Rückkehr ins fremde Land«, »Dream Dances« und »Verklärte Nacht«. Es folgten 2003 »Petite Mort« und »Sechs Tänze«, 2011 »Bella Figura« und 2019 »Symphony of Psalms«.