Rudolf Nurejew
Rudolf Nurejew wurde am 14., anderen Quellen zufolge am 17. März 1938 bei Irkutsk in einem Zug der Transsibirischen Eisenbahn geboren. Er erhielt seine Ausbildung in Ufa sowie von 1955 bis 1958 am Leningrader Waganowa‑Institut u.a. bei Alexander Puschkin. Sein erstes Engagement als Solist des Kirow-Balletts machte ihn 1958 quasi über Nacht zu einem der bekanntesten Tänzer der Sowjetunion. 1959 trat er bei den Weltjugendfestspielen in Wien erstmals im Westen auf. Während eines Gastspiels in Paris entschied er sich dann 1961 zum »Absprung« aus der Sowjetunion. Nachdem er 1961/62 zunächst beim International Ballet of the Marquis de Cuevas tanzte, führte ihn seine Karriere bis in die neunziger Jahre hinein als einer der faszinierendsten Tänzerstars international gefeiert und begehrt zu allen großen klassischen Ballettensembles. Aber auch mit Modern Dance Künstlern arbeitete er zusammen, wie seine Auftritte mit den Compagnien von Martha Graham und Paul Taylor zeigen. Eine besonders enge Beziehung pflegte Rudolf Nurejew – neben dem Royal Ballet London – zum Wiener Staatsopernballett, mit dem er zwischen 1964 und 1988 mit 22 Rollen in insgesamt 167 Vorstellungen im Haus am Ring, in der Volksoper Wien sowie bei In- und Auslandsgastspielen zu erleben war. Mit seinem Touring-Ensemble »Nureyev & Friends« präsentierte er in unregelmäßigen Abständen außerdem seine eigenen Programme.
Als Choreograph konnte sich Nurejew sowohl mit eigenen Arbeiten, als auch Adaptierungen der großen Handlungsballette profilieren. An der Wiener Staatsoper kam 1964 sein »Schwanensee« nach Petipa und Iwanow heraus. Es folgten bis 1967 mit »Dornröschen« für die Scala di Milano und »Der Nussknacker« für das Königlich Schwedische Ballett die beiden weiteren großen Tschaikowski-Partituren. Kompositionen des Russen lagen auch den auf Werken von Lord Byron und Shakespeare basierenden Balletten »Manfred« und »The Tempest« zugrunde. Für »Washington Square« nach dem Roman von Henry James wählte Nurejew Musik von Charles Ives, nachdem er sich für »Tancredi« an der Wiener Staatsoper mit Hans Werner Henzes gleichnamiger Partitur bereits von der Musik eines Zeitgenossen hatte inspirieren lassen. Daneben erfuhren mit Sergej Prokofjews »Romeo und Julia« und »Cinderella« auch zwei Klassiker des Balletts des 20. Jahrhunderts Neuinterpretationen durch Nurejew. Sein für Wien entstandener »Schwanensee« gehört heute ebenso wie die beiden anderen Tschaikowsky-Klassiker, seine Version von Alexander Glasunows »Raymonda« und die ebenfalls für Wien geschaffene Fassung des »Don Quixote« zum Repertoire vieler großer Compagnien.
Von 1983 bis 1989 war Nurejew Direktor des Balletts der Pariser Oper. 1989 gastierte er beim Kirow‑Ballett. Darüber hinaus war er auch als Musicaldarsteller (»The King and I«, 1989) und Filmschauspieler (»Valentino«, 1977) tätig. Ab 1991 wandte er sich dem Dirigieren zu.
Rudolf Nurejew starb am 6. Jänner 1993 in Levallois‑Perret an Aids. Sein Vermögen bildete auf seinen Wunsch die Basis der Nurejew-Stiftung.
Die Verdienste, die er sich in Wien erworben hatte, führten am 25. Jänner 1982 zur österreichischen Einbürgerung. Die Wiener Staatsoper ernannte ihn 1988 zum Ehrenmitglied. Seit 1999 gibt es in Wien eine »Rudolf‑Nurejew‑Promenade«.