Alessandra Ferri

Alessandra Ferri, von der New York Times als »eine der größten dramatischen Tänzerinnen aller Zeiten« bezeichnet, wurde 1963 in Mailand geboren. Sie erhielt ihre Ausbildung zunächst an der Scuola del Teatro alla Scala und wechselte im Alter von 15 Jahren an die Royal Ballet School nach London, wo sie ihre letzten beiden Ausbildungsjahre absolvierte.
Mit 17 Jahren trat sie dem Royal Ballet bei und wurde bereits mit 19 Jahren zur Principal Dancer ernannt. Sir Kenneth MacMillan betraute sie sogleich mit seinen bedeutendsten Balletten und kreierte mehrere Werke für sie – darunter Valley of Shadows, wofür sie mit nur 21 Jahren mit ihrem ersten Laurence Olivier Award ausgezeichnet wurde. Weiters arbeitete sie beim Royal Ballet mit Sir Frederick Ashton und Dame Ninette de Valois zusammen.
1985 folgte sie der Einladung von Mikhail Baryshnikov, als Principal Dancer an das American Ballet Theatre zu wechseln, wo sie, oft an Baryshnikovs Seite, alle Rollen des klassischen Repertoires tanzte und darüber hinaus mit zahlreichen der größten Choreograph*innen des 20. Jahrhunderts wie Jerome Robbins, Twyla Tharp, Agnes de Mille, Antony Tudor und Jiří Kylián zusammenarbeitete. Ebenso in New York schuf MacMillan sein Requiem für Baryshnikov und Ferri zur Musik von Andrew Lloyd Webber. Wiederum an der Seite von Baryshnikov spielte sie 1987 auch in dem Film Dancers. Alessandra Ferri blieb bis 2007 beim American Ballet Theatre, arbeitete aber bis 2018 weiterhin mit der Compagnie zusammen, als Wayne McGregor speziell für sie sein Stück AfteRite kreierte.
1989 begann ihre langjährige Zusammenarbeit mit Roland Petit, dessen Ballette Alessandra Ferri weltweit tanzte, als Gast zahlreicher internationaler Compagnien sowie mit dem Ballet National de Marseille. Die Rolle des Le Diable Amoureux schuf Petit eigens für sie, weiters führte er für sie Regie in Jean Cocteaus La Voix Humaine am Piccolo Teatro in Mailand.
1992 wurde sie ständiger Gast der Mailänder Scala, die sie zur Primaballerina assoluta ernannte. Dieser Titel wurde 1894 von Marius Petipa geschaffen und bisher nur an zwei italienische Tänzerinnen, eine davon Alessandra Ferri, vergeben. Ihre Zusammenarbeit mit der Scala erwies sich als äußerst bereichernd und dauert bis zum heutigen Tag an, so kreierte etwa William Forsythe 1998 das Ballett Quartette für sie. In ihren Mailänder Jahren arbeitete sie auch intensiv mit Riccardo Muti zusammen, unter dessen musikalischer Leitung sie mehrfach in Opern und Balletten auftrat.
Mit Wayne McGregors für sie kreierter Rolle der Virginia Woolf in seinem Ballett Woolf Works kehrte Alessandra Ferri 2015 an das Londoner Royal Ballet zurück, eine Partie, für die sie mit ihrem zweiten Laurence Olivier Award ausgezeichnet wurde
Eine weitere bedeutende künstlerische Partnerschaft verbindet Alessandra Ferri mit John Neumeier, dessen Werke sie beim Stuttgarter Ballett, an der Mailänder Scala sowie häufig als Gast beim Hamburg Ballett interpretierte. 2016 schuf der Choreograph für sie die Rolle der Eleonora Duse in seinem Ballett Duse.
Im Laufe ihrer Karriere gastierte Alessandra Ferri bei zahlreichen renommierten Compagnien weltweit, wie etwa, um nur einige zu nennen, beim Ballett der Opéra national de Paris, des Mariinsky Theaters, des Ballet Nacional de Cuba, beim National Ballet of Canada, Stuttgarter Ballett, Teatro Colón, Tokyo Ballet, English National Ballet, New National Theatre Tokyo und beim Béjart Ballet Lausanne. An der Wiener Staatsoper gastierte sie bei der Ballett Gala 2001 in einem Pas de deux aus Jerome Robbins’ Other Dances an der Seite von Robert La Fosse.
Alessandra Ferri kann neben ihren beiden Laurence Olivier Awards, die sie im Abstand von dreißig Jahren erhielt, viele weitere Auszeichnungen vorweisen, darunter den Prix de Lausanne, den Prix Benois de la Danse, den Dance Magazine Award sowie den Dance Critics Award. 2006 wurde sie von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi zum Cavaliere della Repubblica Italiana ernannt und 2023 vom französischen Kulturminister zum Chevalier de l’ordre des Arts et des Lettres. 2024 wurde sie beim Prix de Lausanne mit dem Lifetime Achievement Award ausgezeichnet.
Von 2008 bis 2014 war sie Leiterin der Tanzsparte beim Spoleto Festival, wo sie Werke von Alexei Ratmansky, Wayne McGregor, Christopher Wheeldon, Pina Bausch, Jerome Robbins, Jiří Kylián und John Neumeier präsentierte. Von den Werken, die sie in den letzten Jahren produzierte und auf internationalen Tourneen zeigte, sind die Rekonstruktion von Maurice Béjarts L’Heure Exquise sowie das Trio ConcertDance mehrerer Choreographen, mit dem sie 2019 das Linbury Theatre des Londoner Royal Opera House eröffnete, besonders hervorzuheben.
Im Jahr 2013 kreierte Martha Clarke am New Yorker Signature Theatre für sie die Rolle der Léa in Chéri, welche sie in hundert Aufführungen interpretierte.
In den letzten Jahren widmete sich Alessandra Ferri leidenschaftlich dem Unterrichten und leitete u. a. Proben für die Solist*innen des Royal Ballet, der Mailänder Scala sowie des American Ballet Theatre.
Ab der Saison 2025/26 wird Alessandra Ferri die Leitung des Wiener Staatsballetts übernehmen.