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Unser Ensemble: Ayk Martirossian im Porträt

Wer im online-Archiv der Wiener Staatsoper beim aus Armenien stammenden Bass Ayk Martirossian nachsieht, wird eine größere Anzahl an Auftritten im Jahr 1998 finden und dann erst viele weitere ab 2016 – dazwischen klafft sozusagen eine „Lücke“ von 18 Jahren. Nun, dieser „erste Besuch“ im Haus am Ring, wie Martirossian die insgesamt vier Monate humorvoll bezeichnet, kam nach einem Vorsingen zustande, bei dem ein junger Sänger für eine kurzfristige Überbrückung eines krank gewordenen Kollegen gesucht wurde. Dass man in der Direktion schon damals mit ihm hoch zufrieden war, beweist seine Mitwirkung an der Ernani- Premiere unter Seiji Ozawa – die hätte man Ayk Martirossian wohl nicht so einfach zugestanden, wenn er nicht musikalisch und vokal mehr als „entsprochen“ hätte. Zwar war das Abschiednehmen danach schwer, doch winkten als Entschädigung viele andere schöne Aufgaben: Am Bolschoi-Theater, wo er schon vor seinem ersten Wiener Engagement fix zum Ensemble gehört hatte, wurde Ayk Martirossian mit offenen Armen empfangen und auch die internationale Karriere ließ nicht mehr lange auf sich warten: Nach seinem Debüt als Fiesco in Simon Boccanegra am berühmten Teatro La Fenice in Venedig beispielsweise wurde er an zahlreichen italienischen Häusern ein gern gesehener Gast, aber auch am Liceu, an der Hamburgischen und Bayerischen Staatsoper, in Toronto, San Francisco und an der New Yorker Met folgten Angebote, nicht zu vergessen der eine oder andere Preis bei namhaften Wettbewerben. Kurzum: Die Laufbahn verlief zur seiner vollsten Zufriedenheit und sein Repertoire vergrößerte sich fast monatlich um die wichtigen Partien seines Faches. Seine diesbezügliche Sprachbegabung kam ihm dabei selbstverständlich zu Hilfe – als ehemaliger „Sowjetbürger“ spricht er neben seiner armenischen Muttersprache natürlich perfekt Russisch, darüber hinaus fließend Italienisch, Englisch und Deutsch. Wobei er gerade im Zusammenhang mit dem Deutschen gerne eine Episode aus seinem Leben erzählt: Simone Young hatte ihn als Fafner im Rheingold an die Hamburgische Staatsoper engagiert, bei einer ersten Arbeitsprobe aber seine schlechte Aussprache kritisiert. „Damals war mir klar geworden“, erinnert sich Ayk Martirossian, „wie groß der Unterschied zwischen dem gesprochenen und dem gesungenen Deutsch ist – zumindest für einen, der diese Sprache erst erlernen musste.“ Ayk Martirossian fuhr somit nach Hause, verbrachte mehrere Tage mit einem Sprachcoach und als er wieder bei Simone Young erschien, war alles eitel Wonne – zumal sein Bühnenbruder Fasolt von Martirossians leiblichem Bruder Tigran verkörpert wurde.

So abgeklärt, ruhig und entspannt Ayk Martirossian dies alles erzählt, der Anfang war nicht leicht gewesen. Niemand in seiner Familie hatte vor ihm und seinem Bruder je einen beruflichen Kontakt zur Musiktheaterbühne gehabt, niemand war da, der ihm entsprechende Erfahrungen mitgeben konnte. „Die professionelle Opernwelt ist schön, aber es dauerte seine Zeit, bis man sich in ihr zurechtfindet, die drohenden Fallstricke und gefährlichen Verführungen erkennt – und als Newcomer in diesem Gewerbe habe ich natürlich am Beginn den einen oder anderen Fehler gemacht“, gibt Ayk Martirossian rückblickend zu. Dazu kam, dass er, um studieren zu können, seine Heimat Richtung Moskau verlassen musste. Doch die beruflichen Kinderkrankheiten waren bald überstanden und – siehe oben – die internationale Karriere errungen. Nichtsdestotrotz interessierte ihn, der mittlerweile seit rund 15 Jahren in Wien wohnt, auch eine fixe Rückkehr an die Staatsoper, also stellte er sich noch einmal der Prozedur des Vorsingens – und tatsächlich, die Wiener Bühne hatte ihn ein weiteres Mal! Diesmal offenbar für längere Zeit, denn sein zunächst einjähriger Vertrag ging bereits in die Verlängerung und das Rollenspektrum wächst auch hier unentwegt in die Breite. So gestaltete er etwa zuletzt auf berührende Weise den Alten Zwangsarbeiter in Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk und wird im kommenden Jahr gleich in mehreren Neuproduktionen zu erleben sein.

Andreas Láng