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Portrait: Konzertmeister Rainer Küchl

In einem Punkt sind sich alle – also Dirigenten, Sänger, das Publikum, die Kritiker, Musikliebhaber und Mitarbeiter von Musiktheaterbetrieben – einig, und zwar international: Das beste Opernorchester der Welt sitzt im Graben der Wiener Staatsoper und macht einen beachtlichen Teil der Unverwechselbarkeit dieses Hauses aus. Viele der Musiker sind den Zuschauern bereits seit Jahren ein Begriff. In einer neuen Serie wird ab dieser Ausgabe jedem einzelnen Mitglied ein eigenes Portrait gewidmet – eröffnet wird die Reihe mit Konzertmeister Prof. Rainer Küchl. Gerade ihm war es interessanterweise nicht an der Wiege gesungen worden, dass er einst den Beruf eines Musikers ergreifen würde, wie er in einem Gespräch erläuterte. „In meiner Volksschulzeit hatte ich, wenn überhaupt, nur einen sehr überschaubaren Kontakt zur Musik, der sich auf das Anhören einiger Schlager im Radio beschränkte.“ Das alles verändernde Erlebnis, gewissermaßen der zündende Funke, geschah im Alter von zehn Jahren. Rainer Küchl besuchte die erste Klasse Mittelschule, in der es damals, wie er betonte, „noch regelmäßig Musikstunden gab, in deren Rahmen man uns auch in Sinfoniekonzerte führte.“ In einem dieser Konzerte – gespielt hatten die Niederösterreichischen Tonkünstler – saß der junge Rainer Küchl ganz vorne, direkt vor der Geigengruppe und lauschte gebannt den Klängen, die auf ihn niederströmten. Und von diesem Vormittag an war für ihn klar: „Ich muss so ein Instrument lernen!“ Wenige Stunden später wurden auch die Eltern entsprechend „informiert“. Zugleich rückte der Stellenwert der Schule weit nach hinten, da die Violine, die neue und bleibende Liebe, alles andere verdrängte. Mit 14 Jahren setzte Rainer Küchl den Unterricht beim legendären Franz Samohyl fort, seines Zeichens Philharmoniker und Geigenprofessor an der Wiener Musikhochschule. Etwa sechs Jahre später folgte die nächste große Veränderung.

„Prof. Samohyl meinte eines Tages ganz unvermittelt, dass ich mir doch einige schwerere Orchesterpassagen in diversen Opern und Konzertstücken anschauen sollte, um diese, quasi übungshalber, bei einem Probespiel in der Wiener Staatsoper vorzutragen. Ich folgte brav diesen Anordnungen, nahm teil und hatte sogar Spaß an der ganzen Prozedur.“ Rainer Küchl gewann das Probespiel und war mit einemmal, genauer ab dem 1.1.1971, Konzertmeister in der Staatsoper und nach der notwendigen Übergangszeit auch jener der Wiener Philharmoniker. „Es musste etwas Zeit vergehen, ehe ich diese wunderbare Wendung in meinem Leben wirklich in ihrer gesamten Bedeutung realisieren konnte.“ Nun folgten viele spannende und arbeitsintensive Monate, denn das riesige Repertoire musste erlernt, die Herausforderungen im allabendlichen Vorstellungsbetrieb gemeistert werden. „Ich kannte bis zu diesem Zeitpunkt alle Haydn-Streichquartette, sehr viel Kammermusik und sinfonische Musik, aber keine Opernliteratur. Die Geigenstimme für die Bohème sah etwa auf den ersten Blick ja sehr einfach aus, aber bei der ersten Vorstellung wusste ich nach drei Seiten schon nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Ich musste erst lernen, wo die Kriterien des Orchesterspiels liegen!“ Doch Fleiß, Freude, Talent und die Hilfsbereitschaft der Kollegen ermöglichten, dass Rainer Küchl auch diese erste Zeit in schöner Erinnerung behalten hat. Lampenfieber empfand er damals wie heute keines. „Wir sind ja weder Ärzte noch Piloten und daher geht es bei uns nicht um Menschenleben“, erklärt er lachend. „Musik soll ja auch bei den Ausführenden nicht in Stress ausarten. Diese Phobie vor Fehlern ist bedauerlicherweise in den letzten Jahren im Allgemeinen sehr groß geworden, sodass leider in vielen Fällen das technisch Perfekte mittlerweile den Platz des Miteinander-Musizierens eingenommen hat.“ Rainer Küchl selbst hat sich seine Musik-Leidenschaft bis heute unverändert erhalten können und genießt praktisch jeden einzelnen Takt, den er spielen darf. Seine Vorlieben hinsichtlich des Opernrepertoires haben sich im Lauf der Jahre in einigen Punkten durchaus geändert. „Wagners Ring schätzte ich von Anfang an bis heute sehr hoch, Stücke von Mozart hingegen gehörten früher nicht zu meinen Lieblingen, sie schienen mir auch von den Herausforderungen her zu wenig anspruchsvoll.Inzwischen hat sich das Blatt gewendet, da ich die Tiefe, den Wert und die Komplexität dieser Musik immer mehr erkannt habe.“

Andreas Láng