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© Tillmann Franzen

Martin Schläpfer, Ballettdirektor & Chefchoreograph - Wiener Staatsballett (ab 1. 9. 2020)

Ich freue mich sehr, mit der Spielzeit 2020/21 meine erste Programmierung für das Wiener Staatsballett präsentieren zu dürfen. Ich möchte neugierig machen auf einen künstlerischen Weg, der die Wiener Ballett-Traditionen pflegt, gleichzeitig aber auch nach vorne geht, kann die Tanzkunst doch nur blühen und auf Augenhöhe neben den anderen Künsten stehen, wenn wir die Vergangenheit mit dem Heute verbinden.

Was heißt das? Das heißt, dass eines der größten und wichtigsten Ballettensembles der Welt die klassischen Meisterwerke auch in Zukunft pflegt und hervorragend interpretiert – sich also weiterhin mit aller Ernsthaftigkeit dem großartigen Erbe widmet. Es heißt aber auch, dass es ins Heute »hineinsticht«, Uraufführungen und zeitgenössischen Tanz selbstverständlich neben einen »Schwanensee« oder eine »Giselle« stellt, Verbindungen und Brüche nachzeichnet und lustvoll Fragen stellt. Das Ballett – und das umfasst für mich alles, was sich aus dem Stammwort »ballare« ableitet – ist für die Gegenwart eine der relevantesten und durchlässigsten Künste: internationaler als das Wort, körperlicher als die Musik, ungreifbarer als das Bild oder die Skulptur – eine Sehnsuchtssprache für eine Zeit, die aufgehört hat, auf das Sinnliche, Intuitive, Energetische – das Dazwischen – zu vertrauen. Der Tanz ist nah am Leben und damit auch so nah an der Vergänglichkeit. Er spricht alle Sinne gleichzeitig und gleichwertig an und tangiert damit alles, was den Menschen ausmacht. Er ist eine visuelle Kunst, aber eng verbrüdert mit der Musik und damit dem Ohr. Er löst Gefühle und Gedanken aus wie ein Text, aber zwingt – auch wenn er intellektuell durchtränkt oder voller Symbole sein kann – nichts Konkretes auf, sondern lässt der Imagination freien Raum. Er ist voller Poesie und Schönheit, aber auch voller Archaik und Sprengkraft.

Ich freue mich, Ihnen erstmals Meisterwerke von Paul Taylor, Mark Morris und Alexei Ratmansky mit dem Wiener Staatsballett präsentieren zu dürfen, aber auch, das Jerome Robbins-Repertoire mit seinem für den legendären Mikhail Baryshnikov kreierten Solo »A Suite of Dances« zu bereichern. Hans van Manens Video-Ballett »Live« eröffnet meine erste Premiere an der Wiener Staatsoper – eine Choreographie, die er bisher keinem anderen Ensemble als Het Nationale Ballet Amsterdam anvertraute. Meine erste Uraufführung zu Gustav Mahlers 4. Symphonie werde ich für das gesamte Ensemble kreieren und damit die Tänzerinnen und Tänzer der Volksoper und der Staatsoper in einer gemeinsamen Arbeit zusammenbringen. Dies auch in Zukunft regelmäßig zu tun, ist mein ausdrückliches Ziel – so auch bei der Neueinstudierung meines abendfüllenden Balletts »Ein Deutsches Requiem« in der Volksoper. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den großartigen Klangkörpern unserer beiden Häuser, dem Wiener Staatsopernorchester und dem Orchester und Chor der Volksoper Wien. Die »Nurejew-Gala« wird als Reverenz an diesen für Wien und die Welt so wichtigen Ausnahme-Tänzer und Choreographen in Zukunft in einem zweijährigen Rhythmus stattfinden.

Zusammen mit meinem Team und meinen Tänzerinnen und Tänzern möchte ich das Wiener Staatsballett zu einem Zentrum der Tanzkunst in Österreich und Europa ausbauen, ein Ensemble formen, das auch die Traditionen, Wandlungen und Innovationen der lebendigen Metropole, Kunst und Musikstadt Wien spiegelt und befruchtet. Dies zu gestalten ist mir eine große Freude – auch mit der Neuausrichtung der Ballettakademie der Wiener Staatsoper, die mir eine besonders am Herzen liegende Aufgabe ist.

Zugleich ist all dies ein Prozess und geschieht nicht von heute auf morgen. Stellvertretend für die vielen, die mich dabei unterstützen, möchte ich Bogdan Roščić, Direktor der Wiener Staatsoper, und Robert Meyer, Direktor der Volksoper Wien, für das in mich gelegte Vertrauen danken.

Ich lade herzlich ein, uns auf diese künstlerisch und menschlich sicherlich wunderbare Reise zu folgen!