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© Kristin Höbermann

Die Güte der Musik

Begonnen hat es mit „Questa o quella“ und „Ave Maria“: Mit diesen beiden Nummern sang der noch sehr junge Juan Diego Flórez am Konservatorium seiner Heimat vor – um sofort genommen zu werden. Erst dort, so erzählte der Sänger in einem Gespräch mit Dominique Meyer in der Walfischgasse, verliebte er sich in die klassische Musik, die für ihn lange Zeit fremdes Terrain gewesen war. Wobei Musik von Anfang an eine große Rolle spielte: Sein Vater, ein Sänger peruanischer Volksmusik, hatte eine schöne Stimme – „und das erzog meine Ohren, etwa was die Phrasierung betrifft“. Doch Oper – das war für den jungen Juan Diego noch kein genau umrissener Begriff. Wozu auch, interessierte er sich zunächst für Pop- und Volksmusik. Was dann folgte, ist allgemein bekannt: Drei Jahre nach Beginn des offiziellen Studiums erhielt er ein Stipendium für das Gesangsstudium am Curtis Institut of Music in Philadelphia. 1996 sprang er beim Rossini Opera Festival in Pesaro als Corradino in Matilde di Shabran ein – und triumphierte. Eine Weltkarriere war angebrochen. Kurz darauf sang er unter Riccardo Muti an der Scala, drei Jahre später an der Wiener Staatsoper: Mit dem Conte d’Almaviva in Rossinis Barbiere di Siviglia begann er seine Laufbahn an dem Haus, das zu einem seiner wichtigsten werden sollte. Noch im selben Jahr sang er den Lindoro in L’italiana in Algeri, im Jahr darauf folgte seine erste Staatsopern-Premiere, der Rinuccio in der brillanten Gianni Schicchi-Inszenierung Marco Arturo Marellis unter Michael Boder. 115 Abende sind seither vergangen: Flórez hat sein Repertoire auch im Haus am Ring gesungen, Bellini und Rossini, Donizetti und Gounod, auch Verdi. Zuletzt, im Februar dieses Jahres, war er als Edgardo in Lucia di Lammermoor wieder in einer Premierenproduktion zu erleben – mit dem für ihn üblichen Erfolg.
Wie vielleicht wenigen anderen gelingt ihm die Mischung aus größter Ernsthaftigkeit und einem Gespür für Szene und Wirkung. Wenn er die Gitarre auspackt – so auch als Überraschungsgast in der Silvester-Fledermaus 2016 – sind seine Zuhörer ebenso selig wie nach höhensicheren Ausritten. Und, weil keine Erwähnung des Tenors ohne diesen Hinweis auskommt: seine neun hohen Cs als Tonio in der Regimentstochter gehören zu den Erinnerungsmarkierungen des hiesigen wie internationalen Opernpublikums. Zu seinem Talent als Publikumsmagnet gehört auch, dass er in seinen komischen Partien ebenso die Herzen der Zuhörer erreicht wie er zweifelnde Charaktere, wie den (in der Wiener Inszenierung mutterkomplexbehafteten) Elvino in Bellinis La sonnambula mit entsprechender Grundierung auszustatten weiß.

Doch so leicht, so spielerisch und positiv all das, was Flórez auf der Bühne (und in Gesprächen) zu zeigen vermag auch ist, verbirgt sich hinter der leuchtenden Leichtigkeit ein Künstler, der nachdenklich an Fragestellungen seines Berufs – und der Gesellschaft herangeht. Mit Bedacht wählt er nicht nur seine Rollen aus, sondern setzt sie klug und vorsichtig um. „Alle Sängerinnen und Sänger, die eine lange Karriere hatten, schafften diese lange Karriere nur durch einen klugen Einsatz ihrer Stimme. Egal an welchem Haus, egal in welcher Oper: Wenn man versucht, noch lauter, noch intensiver zu sein und seine Stimme überanstrengt, dann wird das nicht lange gut gehen. Früher oder später verliert man sie – und einmal verloren, kehrt die Stimme nie wieder zurück“, erzählte er vor Kurzem im Prolog.

Seine aktuell gesungenen Partien erstrecken sich vom Offenbachs Hoffmann über den Gennaro in Lucrezia Borgia, weiters über Alfredo, Werther, Rodolfo bis zu Des Grieux in Manon. Letzteren wird er auch im Juni an der Wiener Staatsoper singen, gefolgt vom Arnold in Guillaume Tell in der nächsten Spielzeit, nicht zu vergessen den Almaviva, den er diesen Mai wieder im Haus am Ring sang. Doch das ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Die andere ist: 2011 gründete er das Projekt „Sinfonía por el Perú“, ein großes musikalisches Sozialprojekt (dem „Sistema“ in Venezuela nachempfunden), das benachteiligten Kindern und Jugendlichen über die Musik neue Hoffnung, Möglichkeiten und Visionen bietet. Über 6000 Kinder wurden bislang unterstützt, namhafte Musiker aus aller Welt setzen sich für das Projekt ein. Und so ist Musik für Juan Diego Flórez: Freude und Glück auf der einen Seite, aber auch die Gelegenheit, nicht nur ideell, sondern ganz grundsätzlich und elementar Gutes umsetzen zu können!

Oliver Láng


Manon | Jules Massenet
1., 5., 9., 13. Juni 2019

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