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© Wiener Staatsoper GmbH / Ashley Taylor

Balanchine Neumeier Robbins

Während George Balanchine in Stravinsky Violin Concerto sowie Thema und Variationen (Musik: Peter Iljitsch Tschaikowski) kongenial der Struktur und dem Wesen der Musik nachspürt und auch John Neumeier sich in Bach Suite III von Klängen inspirieren lässt, die seiner eigenen Aussage zufolge „zutiefst tänzerisch“ sind, widmet sich Jerome Robbins mit The Concert or, The Perils of Everybody den programmatischen wie programmstiftenden Charakteristiken speziell Chopin’scher Tonschöpfungen.

Robbins meinte dazu: „Zu den Freuden eines Konzertbesuches gehört die Freiheit, sich beim Hören der Musik zu verlieren. Oft entstehen unbewusst mentale Bilder und Visionen, und die Muster und Wege dieser Träumereien werden durch die Musik selbst oder ihre Programmnotizen oder durch die persönlichen Träume, Probleme und Phantasien des Zuhörers beeinflusst. Vor allem Chopins Musik wurde von phantasievollen Programmnamen wie der Schmetterlings-Etüde, dem Minuten-Walzer, dem Regentropfen-Prélude usw. bestimmt.“

Uraufgeführt am 6. März 1956 in New York, zählt The Concert zu den besonders eingängigen und unverwechselbaren Momenten des Repertoires, dessen große Beliebtheit sich vor allem auch aus einer grotesk überzeichneten Situationskomik und karikaturhaften bzw. persiflierenden Elementen speist. Wenn der Pianist schließlich alle Konzertbesucher mit einem überdimensionierten Schmetterlingsnetz einfangen muss, so leistet die Choreographie auch einen heiteren Kommentar zu den Themenbereichen Bühnenpräsenz, Fokussierung von Aufmerksamkeit oder Diversität von musikalischen Interpretationen.

Die imaginative Kraft der Musik ist damit den gesamten Ballettabend über in besonderer Weise wirksam: Während Balanchine und Neumeier dem Publikum ihre ganz persönlichen „inneren Visionen“ vor Augen stellen, lädt das bunte und seinerseits durch Musik inspirierte Spiel von Jerome Robbins – der am 11. Oktober 2018 100 Jahre alt geworden wäre, wobei die Ballettwelt dieses Jahr zugleich am 29. Juli seines 20-jährigen Todestages gedenkt – zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema „Programmmusik“ an sich ein und gibt breiten Raum zur eigenen Erfindung von Geschichten hinter den Geschichten.

Zugleich aber reißt Robbins damit auch das Verhältnis von Genie und Normalität, der Kraft des Fluges musikalischer Gedanken und der nüchternen Realität des Alltags an, die uns trotz der wenigen Erholungs- und Glücksmomente im Reiche der musikinduzierten Phantasie immer wieder einholt: „Ich erlaubte mir, in das Stück meinen eigenen Grad von Verrücktheit einzubauen, aber trotzdem eröffnet es eine tiefere Ebene, derer ich mir erst bewusst wurde, als ich das Ballett fertig gestellt hatte: In den kurzen Anekdoten gibt es keine Gewinner. Durch die Musik entledigen sich alle Besucher ihres privaten Selbst. Ob sie sich nun auf oder ab bewegen, alle versuchen etwas Außerordentliches zu tun, alle werden aber besiegt von den Umständen, die sie unaufhaltsam zurück zum Boden bringen.“


Oliver Peter Graber


Balanchine | Neumeier | Robbins

16. April 2018
3., 5. Mai 2018

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