© Wiener Staatsballett/Ashley Taylor
Liudmila Konovalova & Davide Dato
© Wiener Staatsballett/Ashley Taylor
Liudmila Konovalova & Ensemble
© Wiener Staatsballett/Ashley Taylor
Liudmila Konovalova & Davide Dato

Keine Musik ohne Schritt

Am 14.9. findet mit Rudolf Nurejews Don Quixote die erste Ballettvorstellung der Saison 2023/24 statt. Im Interview spricht Liudmila Konovalova über die Choreographie und ihre Auseinandersetzung mit der Rolle der Kitri.

Was bedeutet Rudolf Nurejews Don Quixote für dich als Tänzerin?

LIUDMILA KONOVALOVA Don Quixote war 2011 das erste Ballett, das ich von Nurejew getanzt habe. Für mich ist es das schwerste Ballett, welches in der Ballettwelt existiert. Wenn man Don Quixote einmal getanzt hat, ist alles andere danach »leicht«. Ich habe einige Versionen dieses Balletts getanzt und Nurejews Fassung ist die herausforderndste, die ich kenne. Es gibt keinen Moment, wo sich nicht zur Musik bewegt wird. Es existiert keine Musik ohne Schritt. Dabei ist das Schwierigste, sich nicht nur auf die Technik zu konzentrieren, sonst wird es schnell trocken und leer. Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen. Die Pantomime ist dabei entscheidend, sie ist sehr gut angelegt und entwickelt sich auch musikalisch. Im Allgemeinen sind Nurejews Versionen der klassischen Handlungsballette sehr anspruchsvoll. Ich liebe es, diese zu tanzen, weil sie mich als Tänzerin auf ein anderes Level bringen. Meine Form und Figur verändern sich, wenn ich an ihnen arbeite. Man benötigt nicht einen oder zwei, sondern drei Atemzüge, um es durchzuhalten. Wenn man über diesen Punkt hinauskommt, ist es ein großartiges Gefühl. Nurejew mochte es nicht billig, ihm ging es darum, wie du die Schritte tanzt und nicht nur darum, eine Show zu machen und so viele Pirouetten wie möglich zu drehen. Natürlich ist es schön, wenn du das schaffst, aber ihm war mehr daran gelegen, es richtig zu machen und nicht zu betrügen.

Was sind die Herausforderungen der Rolle der Kitri?

LK Das Ballett besteht aus drei Akten. Kitris Personalität verändert sich während des Balletts nicht, aber die Charaktere der Akte schon. Im ersten Akt geht es um das Leben auf den Straßen von Barcelona. Sie trägt diesen langen Rock, ist temperamentvoll – wie Feuer. Das spiegelt sich auch in den Bewegungen wider, es gibt z.B. viele Sprünge. Die Liebesgeschichte zwischen Basil und ihr ist in diesem Moment sehr verspielt, Kitri macht ihre Scherze mit ihm. Im zweiten Akt wird die Beziehung der beiden tiefgründiger und ein großes Liebes-Pas de deux steht im Zentrum. Hinzu kommt der Traum Don Quixotes, in welchem Kitri zu Dulcinea wird. Hier entstehen wieder andere Anforderungen, man sollte nicht wie eine reale Person erscheinen, es geht um Leichtigkeit und Durchlässigkeit dargestellt durch den Tanz. Im dritten Akt liegt der Fokus auf dem großen Hochzeits-Pas de deux. Kondition und Ausdauer und das Durchdringen von Nurejews Stil sind für die Erarbeitung der Rolle entscheidend. Ich konzentriere mich ganz darauf, seinen Stil umzusetzen und die Geschichte mit meinem Tanz und meinem Spiel zu erzählen. Wenn die Menschen nachlesen müssen, was sie auf der Bühne gesehen haben, hast du etwas falsch gemacht.

Gibt es eine Lieblingsszene, einen Lieblingsmoment im Stück?

LK Ich liebe dieses Ballett von Anfang bis Ende. Ich präferiere keine bestimmte Szene, sondern es gibt viele Momente, die ich genieße. Es gibt Augenblicke, da sterbe ich, aber auch die genieße ich (lacht).

Zum ersten Mal tanzt du gemeinsam mit Davide Dato als Basil. Wie wichtig ist der Partner für dieses Ballett?

LK Der Partner ist sehr wichtig. Alles passiert gemeinsam, man braucht eine gute Dynamik und Beziehung zueinander. Wir haben diese. Wir sind beide temperamentvoll und leidenschaftlich. Es ist schwer zu beschreiben, was zwischen zwei Tänzer*innen passiert, wenn sie miteinander tanzen. Man schaut sich an und spürt eine Verbindung. Wenn man diese nicht spürt, muss man daran arbeiten. Davide und ich kommunizieren sehr gut. Wir tanzen das Ballett gemeinsam und müssen von Beginn an die Geschichte zusammen entwickeln. Auch die Pantomime und das Spielen machen viel Spaß mit ihm. Das ist ungemein hilfreich. Wenn ich müde bin und diese besondere Energie zwischen uns spüre, bekomme ich wieder Kraft.

Das Gespräch führte Nastasja Fischer.