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Lachen, Lieben, Leiden

Elena Maximova präsentiert in drei Monaten vier Charaktere an der Staatsoper

Sie sangen hier im November die Marfa in "Chowanschtschina", parallel zu den Vorstellungen fanden die Proben zur Neuproduktion von "Rigoletto" statt, in der sie die Maddalena gestalteten. Und im Jänner folgen noch Rosina und Polina. Wie geht sich das kräftetechnisch aus?

Elena Maximova: Mit viel Schlaf. Das ist eines der wichtigsten Dinge. Und ich bin diszipliniert und halte einen strengen Plan ein. Dazu kommt noch: gutes Essen und eine gute Atmosphäre zu Hause. Dann bekommt man das alles unter einen Hut. Abgesehen davon habe ich Maddalena, Rosina und Polina schon oft gesungen, es sind also keine neuen Partien.

Und wie sieht ein Vorstellungstag aus? Noch mehr Schlaf?

Elena Maximova: Ja, ich versuche mich möglichst zu entspannen. An solchen Tagen mache ich nicht viel, sondern ruhe mich aus und schaue mir zum Beispiel Filme an.

Die Marfa, die Sie sangen, war für Sie persönlich ein großer Erfolg. Schwingt eigentlich Wehmut mit, wenn Sie sich nach mehr als zwei Monaten Proben und Aufführungen von einer Rolle und Produktion erst einmal verabschieden?

Elena Maximova: Absolut. Ich war am Ende der Vorstellungsserie traurig, nicht nur, weil mir diese fantastische Rolle so sehr ans Herz gewachsen war, sondern überhaupt, weil ich die mitwirkenden Kollegen so geschätzt habe. Vorne voran natürlich den Dirigenten Semyon Bychkov! Da war es schon ein Vorteil, dass wir die Proben für die Rigoletto-Produktion hatten, denn das hat mich gewissermaßen aufgefangen. Und auch hier konnte ich mit einer großartigen Besetzung arbeiten, mit dem Regisseur Pierre Audi zum Beispiel, der mir in der Gestaltung der Maddalena viele Möglichkeiten gab. Möglichkeiten in dem Sinne, dass sie kein eindimensionaler Charakter ist, sondern eine Frau, die frei ist und im Rahmen dieser Freiheit agiert. Sie tut das, was sie will und woran ihr Herz hängt, ohne Wenn und Aber. Und sie ist gesteuert durch ihre Leidenschaft und schaut nicht nach links oder nach rechts. Hier sehe ich durchaus eine Parallele zu Carmen, die sich zunächst für, und dann gegen Don José entscheidet. Aber stets konsequent, egal, was ihr die Karten oder sonst etwas oder jemand rät. Maddalena geht ebenso ihren Weg und kämpft um ihre Liebe, um den Herzog. Das merkt man etwa im Quartett sehr stark, in dem sie versucht, die Aufmerksamkeit des Herzogs die ganze Zeit auf sich zu lenken.

Aber glaubt sie an diese Liebe in dem Sinne, dass der Herzog sie auch liebt?

Elena Maximova: Sie liebt den Herzog wirklich. Und glaubt, dass er sie auch liebt. Oder besser: Sie möchte das glauben. Obwohl sie natürlich spürt, dass es nicht ganz die Wahrheit sein kann, was er ihr erzählt.

Marfa und Maddalena sind nicht eben heitere Partien. Die Rosina in Il barbiere di Siviglia hingegen schon. Wie sieht es mit Ihrer komödiantischen Seite aus?

Elena Maximova: Ich liebe es, fröhlich zu sein und zu lachen. Und ich liebe es, auf der Bühne fröhlich zu sein und andere zu erfreuen. Daher singe ich das buffo-Repertoire mit großer Freude. Andererseits lebe ich auch meine tragische Seite gerne auf der Bühne aus – und die Kombination aus komisch und traurig, das Umschalten zwischen diesen beiden Charaktereigenschaften hat für mich im Schauspielerischen einen besonderen Reiz. Marfa war sicherlich ein tragischer Charakter, Maddalena ist allerdings nicht so düster, sondern eine Art Übergang. Sie ist ein Vamp, der Männer verführt, aber auch zu lieben versteht.

Auch Rosina geht nach ihrem Kopf.

Elena Maximova: Absolut! Sie ist aktiv und setzt ihren Willen letztendlich durch. Daher sehe ich sie auch nicht in Hinblick auf die spätere Contessa in Le nozze di Figaro, die passiver und vielleicht sogar lethargischer ist, sondern betrachte sie wirklich nur als Barbiere-Rosina.

Gesanglich liegen zwischen einer Marfa und einer Rosina Welten. Wie lange brauchen Sie für eine solche Umstellung?

Elena Maximova: Ich habe etwa einen Monat vor meiner ersten Rosina-Vorstellung begonnen, die Stimme wieder an die Rossini-Koloraturen zu gewöhnen. Die Maddalena, die ich dazwischen gesungen habe, braucht zwar auch einen anderen Typ, nämlich eine volle Stimme, aber da die Partie der Maddalena nicht so lang ist, war diese Doppelgleisigkeit möglich.

Zuletzt noch die Polina in "Pique Dame". Liegt Ihnen diese Partie des russischen Repertoires besonders am Herzen?

Elena Maximova: Nicht nur besonders, sondern ganz besonders! Ich habe zur Polina nämlich eine spezielle Beziehung, mit dieser Partie habe ich im Jahr 2001 debütiert. Und abgesehen davon handelt es sich um eine meiner Lieblingspartien. Auf diese phantastische Romanze, die Polina singt, freue ich mich jedes Mal, und in der Pastorale hat man als Sängerin die Möglichkeit, auch eine andere Seite ihres Charakters zu zeigen. Dazu kommt, dass Tschaikowski diese Rolle für Stimmen sehr gut geschrieben hat. Mir gefällt einfach alles an der Polina.

Und charakterlich? Was hat die Polina in diesem Punkt zu bieten?

Elena Maximova: Sie ist eine junge Frau in St. Petersburg des 19. Jahrhunderts. Das bedeutet, dass sie – gesellschaftlich gefordert – nicht offen zu ihren Gefühlen stehen kann, sondern alle Leidenschaft nur im Verborgenen stattfinden darf. Erst durch die Romanze, die sie singt, kann sie gewisse Gefühle zumindest andeuten, Emotionen, die sie öffentlich nicht zeigen kann. Aber diese Romanze deutet schon an, was später in der Oper passieren wird. Und in der Pastorale spricht Polina ein Thema der Oper an: Dass die weibliche Figur nicht den reichen Mann nimmt, sondern den armen liebt.

Zusammenfassend: Mit welcher dieser vier Rollen fühlen Sie sich am ehesten verwandt?

Elena Maximova: Das ist eine wirklich schwierige Frage … Ich versuche mich in jede dieser Partien einzubringen, und jede dieser Bühnencharaktere trägt gewisse Qualitäten von mir in sich. Zumindest versuche ich in jeder der vier Frauen etwas zu entdecken, das ich auch in mir trage. Sie stehen mir alle nahe, aber keine ist zu hundert Prozent Elena Maximova. Am ehesten die Polina: Da findet man sowohl traurige als auch fröhliche Augenblicke.

Das Gespräch führte Oliver Láng

Nächste Vorstellungen mit Elena Maximova:

Rosina im Barbiere: 8., 12. Jänner 2015

Polina in Pique Dame: 16., 20., 24., 28. Jänner

Biographie

ELENA MAXIMOVA schloss ihre Gesangsausbildung am Tschai­kowski-Konservatorium in Moskau ab und wurde 2000 als Solis­tin an das Moskauer Stanislavski Musik-Theater engagiert. Dort war Elena Maximova u.a. in folgenden Rollen zu hören: Polina (Pique Dame), Siébel (Faust), Orlofsky (Die Fledermaus), Su­zuki (Madama Butterfly), Rosina (Il barbiere di Siviglia), Olga (Eugen Onegin), Carmen und Charlotte (Werther). Elena Ma­ximova debütierte 2005 auf der Bühne der Bayerischen Staats­oper in einer Neuproduktion von Rigoletto (Maddalena). Sie sang dort auch Suzuki, Carmen, Olga und Frederica (Luisa Miller) auf. Weiters gab sang sie an der Opéra de Lyon (Eugen Onegin, Pique Dame) und trat als Carmen an Häusern wie der Ber­liner Staatsoper, dem Teatro Comunale in Florenz, dem Palau de les Arts in Valencia und an der Scala auf. Elena Maximova ist weltweit auch als Konzertsängerin aktiv. Zuletzt sang sie Carmen, Preziosilla, Charlotte, Despina, Rosina, Nicklausse und Isabella in Moskau, Carmen in Paler­mo, Helsinki und Moskau, Olga am ROH London und an der Met. An der Wiener Staatsoper debütierte sie 2012 als Carmen und sang noch Maddalena.

Rollen an der Wiener Staatsoper in der Spielzeit 2014/2015: Maddalena, Eboli, Rosina.

Foto: © Francesco Rossini