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© Kristin Hoebermann

Herzlichen Glückwunsch

 Es ist schon schwierig genug, ein Star zu werden, noch mehr einer zu bleiben, und am schwierigsten, dabei seine Natürlichkeit nicht zu verlieren. Vor allem wenn einem, und dies nicht nur sprichwörtlich, die Welt – in diesem Fall die Opernwelt – zu Füßen liegt. Auf Juan Diego Flórez, den ungekrönten König des Belcanto, treffen alle diese Attribute zu. Ob es damit zu tun hat, dass er ganz selbstverständlich in seine Karriere hinein gewachsen ist, Singen für ihn immer schon das Selbstverständlichste der Welt war?

Peruanische Musik lernte der 1973 in Perus Hauptstadt Lima geborene Sänger durch seinen Vater kennen, dem es besonders die kreolischen Walzer von Chabuca Granda angetan hatte und der ihn mit der Musik Lateinamerikas aus quasi erster Hand bekannt machte. Musikbegeistert war auch Flórez’ Mutter, die ihn stets in seinen musikalischen Ambitionen bestärkte. Auch wenn diese vorderhand Pop und Rock gehörten. Klassische Musik spielte anfangs bestenfalls eine Nebenrolle.

Das änderte sich auch nicht 1989, als er den ersten Gesangswettbewerb für den Frieden, der in ganz Peru im Fernsehen mitverfolgt werden konnte, souverän für sich entscheiden konnte. Erst im Jahr danach entschloss er sich zu einer ordentlichen musikalischen Ausbildung und schrieb sich am staatlichen Konservatorium als Student ein. Ein Glück, dass der Direktor des Coro National, in dem Flórez mit sang, unverzüglich auf seine Begabung aufmerksam wurde und ihn bald überzeugen konnte, sich künftig auf die klassische Musik zu konzentrieren. Ein Stipendium ermöglichte ihm ein Studium am renommierten Curtis Institute in Philadelphia. Drei Jahre, von 1993 bis 1996, verbrachte er hier. Erstmals konnte er ganz in diese bisher für ihn neue Welt eintauchen und hatte vielfach Gelegenheit, ganze Opern mit Orchesterbegleitung zu singen. Eine unschätzbare Erfahrung, die gerade am Beginn seiner Weltkarriere wichtig war.

Während dieser Zeit, 1994, lernte Flórez in Lima seinen zweiten wichtigen Mentor kennen: den peruanischen Tenor Ernesto Palacio. Ihm sang er vor, ohne ihn damit besonders zu beeindrucken. Aber auch dieser erkannte das große Talent, das einfach nur entsprechend geweckt werden musste. Er lud ihn ein, zusammen mit ihm beim Festivalin Gerace bei einer Aufnahme von Martín y Solers Tutore Burlato mitzuwirken. Ein erster entscheidender Schritt war getan. Weitere Auftritte in Italien folgten, darunter – wiederum gemeinsam mit Palacio – eine Einspielung von Niccolò Antonio Zingarellis Le Tre ore dell’ Agonia.

Das blieb nicht ohne Auswirkung auf die Entwicklung von Flórez. Flexibilität war schon immer ein hervorstechendes Merkmal seiner Stimme – und ist es bis heute. Dazu gesellte sich nun eine Leichtigkeit beim Singen von Spitzentönen. Ein Belcanto-Tenor war geboren. Flórez war klug genug, vor allem auch bereit, diesen Weg einzuschlagen, der ihn in nur wenigen Jahren ganz nach oben brachte. Denn schon 1996 erlebte er seinen ersten Durchbruch.

Ursprünglich hatte der Direktor des Pesaro Festivals nur eine kleine Rolle für den Newcomer in Rossinis Ricciardo e Zoraide vorgesehen, die er sich erst erarbeiten musste. Schon war man inmitten der Proben dieses Stücks, als der Sänger der Titelpartie von Matilde di Shabran absagte. Wen sollte man in der kurzen noch verbliebenen Zeit für die anspruchsvolle Rolle des Corradino ansetzen, wer könnte diese in jeder Hinsicht herausfordernde Aufgabe meistern? Es schien aussichtslos jemanden zu finden, und so entschloss sich der Künstlerische Direktor des Festivals, Luigi Ferrari, den 23-jährigen Flórez zu engagieren, dem nur wenige Tage bis zur Premiere blieben. Wie immer man es im Nachhinein nennen will, ob Schicksal oder Zufall: Flórez erkannte diese Chance, feierte ein umjubeltes Rollendebüt und wurde gewissermaßen vom Fleck weg gleich für die Prestige trächtige Inaugurazione der Mailänder Scala verpflichtet – für den Ritter in Christoph Willibald Glucks Armide unter Riccardo Muti. Er lud Flórez auch in den Folgejahren immer wieder ein und nahm so wesentlichen Einfluss auf seine Karriere.

Mittlerweile würde eine Aufzählung der Orte, an denen Flórez aufgetreten ist, mehrere Seitenfüllen. Selbstverständlich sind die größten Opernhäuser und Konzertsäle sowie Festspiele darunter. Sein Repertoire umfasst über dreißig Opern, worunter sich nicht nur Meilensteine des Belcanto finden, sondern auch Lehárs Die lustige Witwe, die Strauß’sche Fledermaus oder Mozarts Idomeneo. Einiges davon kann man auf zahlreichen, international preisgekrönten CDs und DVDs nachhören. Dazu kommen mehrere, ebenfalls mit Preisen bedachte, Soloalben sowie Produktionen, in denen man Flórez auch als Oratorien- und Kantatensänger bewundern kann.

Zu den Dirigenten, mit denen er aufgetreten ist und auftritt, zählen neben Muti der Scala-Musikchef Riccardo Chailly ebenso wie Sir John Eliot Gardiner, James Levine, Nello Santi, Christophe Rousset oder Gustavo Dudamel, um wenigsten eine repräsentative Auswahl zu nennen. Sie zeigt auch Flórez weit gespanntes stilistisches Interesse. Besonders eng sind die Beziehungen des Tenorstars – und hier hat diese längst inflationär gewählte Bezeichnung tatsächlich ihre Berechtigung– zu Österreich und Wien, wo er mit seiner Familie seinen Wohnsitz hat. Bereits 2006 wurde ihm in Würdigung seiner zahlreichen künstlerischen Auftritte in Österreich die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen, und zwar zusätzlich zu seiner peruanischen. Sechs Jahre später, 2012, bekam er den Titel Kammersänger verliehen, in einem Alter, in dem andere davon höchstens träumen können. Aber Ehrungen ist Flórez schon gewohnt. So ist er seit 2002 Ehrenprofessor einiger Universitäten seiner Heimat, Träger hoher Auszeichnungen, seit 2012 auch UNESCO-Sonderbotschafter. Schließlich hat er seine Popularität genützt, um eine eigene Stiftung in Peru ins Leben zu rufen, die sich für den heimischen Chor- und Sängernachwuchs engagiert und dazu dienen soll, die Kinder von der Straße zu holen und ihrem Leben einen neuen Inhalt zu geben.

Der Wiener Staatsoper ist der Belcanto-Tenor unserer Tage seit 1999 eng verbunden. Damals feierte er sein Debüt als Graf Almaviva in Gioachino Rossinis Il barbiere di Seviglia. Seit dem gastierte er hier als Ernesto in Don Pasquale, als Rinuccioin Gianni Schicchi, als Lord Arturo in I puritani, als Nemorino in L’elisir d’amore, als Lindoro in L’italiana in Algeri, als Tonio in La Fille du régiment, als Herzog in Rigoletto und gestaltete vergangenen Herbst ein – wie sollte es auch anders sein – begeistert gefeiertes Solistenkonzert.

Demnächst ist Juan Diego Flórez im Haus am Ring mit zwei Partien zu hören, mit denen er ebenfalls hier schon aufgetreten ist: dem (allerdings erst dreimal gestalteten) Roméo in Roméo et Juliette und dem Elvino in La sonnambula, mit dem er es bisher auf neunzehn Auftritte gebracht hat. Seinen zwanzigsten singt er nun an seinem Geburtstag, dem 13. Jänner, da wird er 44 Jahre. Herzlichen Glückwunsch!

Walter Dobner


La sonnambula | Vincenzo Bellini
7., 10., 13. Jänner 2017
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Roméo et Juliette | Charles Gounod
22., 25., 28. Jänner 2017,
1. Februar 2017
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Künstlergespräch KS Juan Diego Flórez
mit Staatsoperndirektor Dominique Meyer
30. Jänner 2017
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