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Der doppelte Benedikt

Was macht jemand, der gleichermaßen musikalisch wie zeichnerisch begabt ist? Muss er sich entscheiden, muss er das eine Talent vernachlässigen, um das andere zur Entfaltung bringen zu können? Nicht unbedingt, wie man am Beispiel von Benedikt Kobel sieht. Und in seinem Fall ist es glücklicherweise auch keineswegs so, dass er zwar als Tenor in zahllosen Vorstellungen vor die Öffentlichkeit träte, aber seine zweite künstlerische Ader nur im Verborgenen pflegte. Bei ihm ist es buchstäbliches ein Sowohl-als-Auch: Wer, zumindest im Wiener Stammpublikum, den Namen Kobel hört, denkt gleichermaßen an den Sänger wie an dessen bildnerisches OEuvre. Unverwechselbar – dieses heute leider immer seltener vorzufindende Attribut gilt bei ihm sowohl auf der Bühne als auch auf dem Zeichenblatt. Und das Schöne daran: das eine beeinflusst, bedingt, befruchtet das andere und vice versa. Diese Vielseitigkeit speist sich aus gleich mehreren Quellen. Da war von Anfang an diese Liebe zur Musik, die nicht künstlich anerzogen werden musste, sondern sich selbst aus eigenen Stücken, behutsam vom Musiklehrer an der Rudolf Steiner-Schule in Wien-Mauer gepflegt, den Weg Richtung Bühne bahnte. Dazu kommt die geheimnisumflorte, fast mystische Aura eines Opernhauses, die jeden wahren Theatermenschen lebenslänglich in den Bann zieht. Und schließlich entströmte anno dazumal den vielen, mit schwarzer Tusche gefertigten Plänen des Vaters ein magnetischer Sog – wie oft ist Benedikt Kobel doch von Kindesbeinen an fasziniert vor diesen Architekturzeichnungen gesessen, die schöpferisch-gestalterischen Möglichkeiten erahnend.
Seine Geburtsstadt Wien war, von kleinen Unterbrechungen abgesehen, stets auch sein Lebensmittelpunkt gewesen. Allerdings hatte er am Beginn seiner sängerischen Laufbahn nach ersten schönen (Operetten-)Engagements am Wiener Raimundtheater durchaus auch mit dem Gedanken kokettiert, andernorts Wurzeln zu schlagen. Manche Städte und Landstriche in Deutschland – in Kaiserlautern beispielsweise trug man ihm, nach einem erfolgreichen Alfredo gleich einen Fixvertrag mit Aussicht auf Rodolfo und Werther an – zogen ihn kurzfristig ebenso an wie die Gegend um den Bodensee, die er während seines Engagements in St. Gallen näher kennenlernen durfte. Doch wie so viele andere Künstler konnte er sich letztlich dem inspirativen Boden der Wienerstadt nicht entziehen.
Ein wichtiges persönliches Kapitel stellten die Jahre an der Wiener Volksoper dar – künstlerisch, aber auch privat, erweiterte Benedikt Kobel doch nicht nur sein lyrisches Repertoire, sondern lernte im wahrsten Sinn des Wortes auf dieser Bühne in der Balletttänzerin Elisabeth Pensch seine spätere Ehefrau kennen.
Eberhard Waechter in seiner Doppelfunktion als Direktor der Volks- und der Staatsoper ließ gelegentlich die Besten vom Währinger Gürtel am Haus am Ring vorsingen. Im positiven Fall, wie bei Benedikt Kobel, endete so ein Vorsingen mit der Übernahme ins Ensemble der Staatsoper. Damit begann also jener Karriereabschnitt, der bis heute andauert, der aus ihm einen der wenigen Sänger machte, die auf deutlich über 1000 Vorstellungen auf dieser, auch international gesehen, ersten Bühne kommen. 1281 sind es beim Schreiben dieses Textes ganz genau gewesen, schon beim Erscheinen des Heftes werden bereits einige weitere dazugekommen sein. 45 Aufführungen pro Saison, quer durch das ganze Repertoire – so lautet der beachtliche langjährige Durchschnitt. Und immer wieder beglückten und beglücken ihn Sternstunden, zum Beispiel als Flamand in Capriccio im Duett mit Felicity Lott, in Dantons Tod an der Volksoper, als Henry in der Schweigsamen Frau an der Staatsoper, und in letzter Zeit als Valzacchi oder Monostatos.
Parallel dazu ist Benedikt Kobel aber, wie gesagt, auch am Papier unentwegt schöpferisch tätig: Ausstellungen, Karikatur-Bücher, regelmäßige zeichnerische Beiträge für den Staatsopern-Blog … zuletzt gestaltete er ein Rate-Postkartenset mit Opernmotiven, das seit dem jüngsten Wiener Opernball als Benefizspende erhältlich ist (und fortgesetzt werden soll). Übrigens, und hier schließt sich ein wenig der (künstlerische) Kreis, wann immer er zeichnet oder malt, läuft im Hintergrund Musik, genauer Klaviermusik, zumeist von seinen Lieblingskomponisten Mozart, Beethoven und Bach – Klavierkonzerte oder Solistisches wie das Wohltemperierte Klavier. Apropos Lieblingskomponist: Gerne überlegen sich viele, was man zum Beispiel einen Mozart fragte, wenn er plötzlich bei der Tür hereinkäme. Nun, Benedikt Kobel würde ihn zunächst vielleicht gar nichts fragen wollen, sondern den „verlängerten Arm Gottes“, wie er dieses Genie bezeichnet, einfach nur beobachten. Bewundernd beobachten … und möglicherweise eine Karikatur von ihm zeichnen.

Andreas Láng


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